Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1870 Gramont begehrt einen Entschuldigungsbrief des Königs. 309 
Briefe dem Kaiser Napoleon auszusprechen, ihm also zu 
schreiben (Gramont brachte selbst einen Entwurf sofort zu 
Papier), er habe bei der Genehmigung der Candidatur nicht 
geglaubt, damit eine Verletzung der Interessen und der Würde 
Frankreichs zu begehn; er betheilige sich jetzt an der Ent- 
sagung des Prinzen und drücke den Wunsch aus, daß fortan 
jede Ursache eines Mißverständnisses zwischen seiner und der 
französischen Regierung verschwinde. Gramont forderte den 
Botschafter auf, diesen Vorschlag schleunigst seinem Souverän 
zu berichten. Es muß dahin gestellt bleiben, ob es Urtheils- 
losigkeit oder Böswilligkeit war, wenn Gramont den un- 
geheuern Unterschied zwischen einer solchen Meinung des 
Königs am 21. Juni und ihrer officiellen Darlegung an 
Napoleon nach allen französischen Kriegsdrohungen übersah. 
Ganz unbefangen setzte er dem Botschafter auseinander, wie 
die Veröffentlichung eines solchen Briefs oder dessen Inhalts 
geeignet sein würde, die furchtbare Entrüstung des französi- 
schen Volkes zu beschwichtigen. Darüber kam Ollivier aus 
der Kammer, noch ganz erfüllt von den dort erlebten Scenen, 
und vereinte sein Drängen bei Werther mit dem seines Collegen. 
Wieder bleibt es offene Frage, ob es Schwäche des Geistes 
oder des Charakters war, welche den Botschafter abhielt, das 
Ansinnen einer solchen Demüthigung als schlechterdings un- 
statthaft mit Energie zurückzuweisen. Er begnügte sich, zu 
erwidern, daß Gramont's Rede vom 6. ein Schreiben dieser 
Art in hohem Maße erschwere. Als dann aber die beiden 
1) Auf derselben Seite (France et Prusse, 124), wo er seinen 
Entwurf für den Brief des Königs abdruckt, ergeht er sich in tugend- 
haftem Zorne gegen „Bismarck's Lüge“, daß er, Gramont, von dem 
Könige une lettre d'excuse verlangt habe.
	        
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