312 Neue Forderungen Frankreichs. 1870
Nach Absendung der Depesche hatte der Herzog ein Ge-
spräch mit dem englischen Botschafter. Ohne zu erwähnen,
daß Benedetti auf morgen die Zustimmung des Königs zu
Leopold's Rücktritt angekündigt hatte, klagte der Herzog:
„Diese Art der Entsagung setzt uns in schwere Verlegenheit;
die öffentliche Meinung ist so überreizt, daß das Cabinet
vielleicht morgen gestürzt wird, wenn es die Sache für be-
endigt erklärt, ohne eine Genugthuung von Preußen erhalten
zu haben. Andrerseits“, sagte er, „macht der Rücktritt des
Prinzen der ursprünglichen Ursache des Streits ein Ende;
Spanien ist jetzt aus dem Handel heraus, und der Streit,
wenn es Streit gibt, beschränkt sich auf Frankreich und
Preußen.“ Lord Lyons war im höchsten Grade erstaunt und
befremdet. „Wie?“ rief er, „vor wenigen Tagen habt Ihr
durch mich der Englischen Regierung ankündigen lassen, daß
mit dem Verzichte des Prinzen der ganze Hader beendigt sei,
und jetzt zögert Ihr einen Augenblick, diese einfache Lösung
der Krisis anzunehmen? Wenn dies Verhalten zum Aus-
bruch des Krieges führt, so wird ganz Europa sagen, Frank-
reich trage die Schuld; ohne reale Ursache, nur aus Stolz
und Empfindlichkeit habe es sich in den Kampf gestürzt.
Preußen ist dann des Beistandes von ganz Deutschland
sicher, Frankreich aber wird die öffentliche Meinung aller
Welt gegen sich haben.“ Lord Lyons war ein ruhiger, viel-
erfahrener Staatsmann von klarem Urtheil und in der vor-
liegenden Streitfrage so unparteüsch wie möglich: er sprach
hier aus, was die Thatsachen jedem Unbefangenen vor Augen
stellten, die Gewißheit, daß mit der Erhebung neuer Forder-
ungen Gramont's Politik das schwerste Verhängniß über sein
Land heraufführen würde. Auf Gramont machte es keinen