1868 Ablehnung einer Antwort auf die Thronrede. 23
können, so wollten alle übrigen Parteien von einer Erneuerung
des politischen Streits nichts wissen, und nachdem über den An-
trag die Schlußberathung im Hause verfügt war, erschienen zwei
Anträge auf motivirte Tagesordnung, von den Freiconser-
vativen und von der Fortschrittspartei, und sogar drei Anträge
auf einfache Tagesordnung, von den Conservativen, den nord-
deutschen Klerikalen und von der süddeutschen Fraction, sie Alle
nach dem einfachen Satze, das beste. Mittel zu weiterer Pflege
der deutschen Gesammtinteressen bestehe zur Zeit in einmüthigem
Zusammenwirken für die Lösung der dem Zollparlament ge-
stellten Aufgaben innerhalb seiner vertragsmäßigen Schranken,
)Es war vergebens, daß am 7. Mai Bennigsen auf das
Bestimmteste erklärte, auch in ihren Reihen denke Niemand an
eine Verletzung der bestehenden Verträge; auch für sie sei
es selbstverständlich, daß jede Anderung derselben die freie
Zustimmung aller süddeutschen Regierungen und Kammern
erfordere: aber weshalb den Ausdruck patriotischer Wünsche
und Hoffnungen verbieten? Wünsche, an deren künftiger
Erfüllung niemand zweifle und die noch weniger jemand zu
verläugnen den Muth habe. Freiherr von Thüngen zog sich
auf den Boden der bestehenden Verträge zurück, deren
Pflichten der Süden mit fester Treue erfüllen werde (er
selbst hatte freilich Alles gethan, um ihren Abschluß zu hindern),
dafür aber auch ihre Beachtung durch den Norden erwarte;
es sei keine erfreuliche, aber eine begreifliche Thatsache, daß
im Süden seit dem Kriege von 1866 ein tiefes Mißtrauen
gegen den übermächtigen Sieger und drückende Sorge vor
weiterer Vergewaltigung herrsche; man solle nicht durch ver-
frühte Zumuthungen über die Verträge hinaus die noch junge
und zarte Freundschaft schädigen.