1870 Drängende Weisung an Benedetti. 321
wenn der König dem Prinzen die Wiederaufnahme der Candi-
datur verbietet, so ist der Streit zu Ende. Er bat den Bot-
schafter, dies nach London mit dem Ersuchen zu berichten,
Lord Granville möge Preußen zu einer solchen Außerung
auffordern. ·
So wunderlich verschoben sich in diesem starren Kopfe
die Dinge. Er, der von Anfang an Preußen für den Urheber
und Betreiber der Candidatur erklärt hatte, versteifte sich jetzt
auf den Satz, in dem Aufgeben derselben sei keine Einräumung,
kein Rückzug Preußens enthalten.
Graf Benedetti, wie wir sahn, war anderer Meinung.
Der König hatte ihn am 9. und dann am 11. Juli er-
kennen lassen, daß er den freiwilligen Verzicht des Prinzen
erwarte und nicht zaudern werde, ihm zuzustimmen. Bene-
detti schmeichelte sich im Voraus, er würde durch die Herbei-
führung dieses Ergebnisses seine Aufgabe glänzend gelöst
haben. Am 12. Juli sagte ihm der König, ein Telegramm
aus Sigmaringen habe ihm gemeldet, daß das Schreiben
des Fürsten Anton am 13. Vormittags in Ems eintreffen
werde; sobald es angekommen, werde er ihn rufen lassen,
um ihm seine endgültige Antwort zu ertheilen. Mochte nun
das Telegramm eine vorläufige Notiz über den Rücktritt des
Prinzen enthalten haben oder nicht, jedenfalls lag es in der
Natur der Sache, daß der König darüber nicht vor Empfang
des ausführlichen Schreibens mit dem Botschafter verhandeln
wollte. Mitten in der Nacht auf den 13. empfing darauf
Benedetti das Telegramm Gramont's vom vorigen Abend,
den König sofort zu ersuchen, daß er für alle Zeit verspreche,
dem Prinzen die Wiederaufnahme der Candidatur zu ver-
bieten. Dem Botschafter war es dabei nicht wohl zu Muthe,
v. Sybel, Begründung des deutschen Reiches. VII. 21