326 Neue Forderungen Frankreichs. 1870
Regierung, durch den Verzicht des Prinzen nicht befriedigt,
neue Beschwerden gegen Preußens Verfahren erhebe, neue
Forderungen an die preußische Regierung stellen wolle. Wenn
das richtig war, so verschwanden mit einem Schlage die bis-
herigen Sorgen. Mit einem Blicke erfaßte Bismarck die Trag-
weite des colossalen Fehlers, durch welchen Gramont mit ge-
wohntem plumpem Eifer sich tief in's Unrecht setzte. Jetzt hatte
es Deutschland wieder in der Hand, Genugthuung von dem
hochmüthigen Widersacher für die grundlosen Beleidigungen
der ganzen letzten Woche zu fordern. Bei einem Besuche
des englischen Botschafters, Lord Augustus Loftus, gab er
diesen Gefühlen lebhaften Ausdruck. „Wenn in der That,
sagte er, die französische Regierung, nicht zufrieden mit dem
Verzicht des Prinzen, noch weitere Anforderungen erhöbe, so
würde daraus erhellen, daß der Lärm über die spanische
Thronfolge für sie nur ein leerer Vorwand gewesen, und
die wahre Absicht auf die Entflammung des Rachekriegs für
Sadowa gegangen sei. Deutschland aber ist entschlossen,
keinen Schimpf noch Demüthigung von französischer Seite zu
dulden, sondern den Kampf anzunehmen, wenn man uns
ungerechter Weise herausfordert. Wir wünschen gewiß den
Krieg nicht, wir haben dies dargethan und werden fortfahren,
so zu handeln. Aber wir können nicht gestatten, daß Frank-
reich uns in seinen Rüstungen zuvorkommt.“ Er zählte die
ihm bekannt gewordenen Maßregeln auf; wir wissen durch
Gramont's Erklärung an Lyons vom 8. und jene Napoleon's
vom 12., daß seine Angaben nicht ohne Grund waren. „Wenn
dies fortdauerte, sagte er, müßten wir von Frankreich Auf-
klärung über den Zweck der Rüstung begehren. Überhaupt
aber, erklärte er, bedürfen wir nach den bisherigen Vor-