1870 Die Emser Depesche. 329
sogleich, sowohl unserem Gesandten als der Presse mit-
getheilt werden soll —.
Der Eindruck dieser Depesche, zunächst auf die beiden
Generale, war eine tiefe Niedergeschlagenheit.
Also es war nicht einmal genug mit der von Werther
angezeigten Beleidigung; es folgte dazu noch diese ebenso
unerhörte wie ungereimte Insolenz! Hat Gramont denn
völlig vergessen, mit wem er es zu thun hat? Die spanische
Selbständigkeit will er achten und insultirt unsern König,
weil dieser dasselbe thut. Und daneben die milde Gutherzig-
keit unseres Monarchen! Anstatt dem Uberbringer einer
solchen Botschaft beim ersten Worte den Rücken zu kehren,
läßt er sich mit ihm in eine Verhandlung ein, sucht die eigne
Regierung zu rechtfertigen, pflegt noch eine längere Berathung,
ob er ihn weiter bei sich sehn soll! Wer steht dafür, daß
Benedetti nicht morgen mit einem neuen noch ärgern An-
sinnen wieder erscheint? Und das Alles sollte veröffentlicht
werden?
Nun, darauf ging auch nicht der königliche Befehl.
Bismarck, hieß es, sollte die französische Forderung und deren
Zurückweisung bekannt machen. In der That, die Natur der
Sache selbst verbot den Abdruck aller sonst in der Depesche
erwähnten Einzelheiten. Die eigenhändige Aufzeichnung des
Königs konnte nicht in die Welt hinausgehn, schon um nicht
ein vielleicht ganz harmloses aber ungenaues Wort dem
Widerspruche Benedetti's auszusetzen.!) Dann Abeken's An-
gabe über die Berathung war ein Internum des Cabinets
und konnte sehr leicht Mißdeutungen verschiedener Art
1) Ein solcher ergab sich factisch sehr bald durch Benedetti's Be-
richt, daß der König ihn (nicht er den König) angeredet hätte.