334 Neue Forderungen Frankreichs. 1870
hitzung der Gemüther setzte die Phantasie auf der Stelle die
Vorgänge in kräftigere Farben. Aus Ems wurde gemeldet,
bei dem immer unpassenderen Andrängen Benedetti's auf
der Brunnenpromenade habe der. König ihm plötzlich den
Rücken gewandt und dem Adjutanten zugerufen: Sagen Sie
dem Herrn, es gebe keine Antwort; ich würde ihn nicht
wiedersehn. In mannichfachen Variationen wurde dieses
Bild weiter ausgemalt, in Prosa und in Versen Benedetti's
Frechheit verhöhnt und König Wilhelm's männliche Würde
gefeiert. Ein Denkstein wurde in die Erde gelassen zur Be-
zeichnung der Stelle, wo der König die französische Anmaßung
abgewiesen hatte. Man war gefaßt auf den Krieg und sah
ihm mit sicherem Kraftgefühl entgegen. Und derselbe Strom
nationaler Begeisterung schlug jetzt auch im deutschen Süden
seine mächtigen Wellen: ehe ein Flintenschuß gefallen, hatte
Gramont's Auftreten es herbeigeführt, was Napoleon so lange
mit allen Künsten zu verhindern gesucht, die Einheit der
deutschen Nation, die Erweiterung des Nordbundes bis zu
den Alpen. In Baden gab es bei Volk und Regierung nur
Eine Stimme, in Württemberg und Bayern fanden sich die
preußenfeindlichen Demokraten und Ultramontanen plötzlich
in beängstigender Minderheit; in allen Gauen ertönte der
freudige Ruf zu den Waffen. Schon vor einigen Tagen
hatte der bayerische Minister Graf Bray dem französischen
Gesandten gesagt: Sollte es zum Kriege kommen, so würde
Frankreich ganz Deutschland einig finden.