342 Die Kriegserklärung. 1870
Benehmen erschien ihm als die Ohrfeige auf Frankreichs
Wange, so natürlich es auch nach allen seit dem 6. Juli
gehaltenen grimmigen Reden und Kriegsdrohungen war,
gleich nach dem Abbruch der Verhandlungen die Betheiligten
(und wer in Europa war nicht betheiligt?) vor dem im Westen
aufziehenden Unwetter zu warnen. Daran aber dachte Gra-
mont nicht, sondern wüthete, daß man eine diplomatische
Niederlage Frankreichs so rücksichtslos in die Welt hinaus-
posaunte.
„Nachdem die Nachtsitzung begonnen,“ erklärte er 1872
der Commission, „erfuhren wir durch unsere diplomatischen
Agenten, zuerst aus München und Bern, dann von allen
Seiten her, daß Bismarck nicht bloß das Emser Telegramm
an alle Höfe versandt, sondern neben demselben eine phan-
tastische Geschichte in Berlin habe verbreiten lassen, nach
welcher der König und Benedetti in Ems sich wechselseitig
insultirt hätten.“ Da ihm das Gegentheil bekannt war, sah
er darin eine boshafte Lüge Bismarck's, ersonnen zu dem
Zwecke, den Nationalstolz der beiden Völker zu beleidigen,
und damit den Krieg unvermeidlich zu machen. Die „phan-
tastische Geschichte", die er in einer englischen Übersetzung
dem Untersuchungs-Ausschuß 1872 vorlegte, war jene in
Ems aufgekommene Legende, mit der Bismarck nichts zu
schaffen hatte. Als Gramont dann sein Buch schrieb, ließ
er sie weislich fort und ersetzte sie durch eine Times-Cor-
respondenz über die in Berlin am 13. Juli durch die Emser
Depesche erzeugte Aufregung. Leider konnte er jedoch am
14. Juli 1870 dem Ministerrath weder die Geschichte noch
die Correspondenz vorlegen, weil beide erst später in England
veröffentlicht wurden, so daß man beinahe denken könnte, er