1870 Opposition der Linken und Thiers'. 347
Zweifel an der Majorität. Denn zu der kriegslustigen äußersten
Rechten traten jetzt die im Herzen friedliebenden, aber der
Regierung stets gehorsamen Männer der Rechten, so wie die
Chauvinisten der beiden Centren hinzu. Aber in der hitzig-
sten Erregung erhob sich gegen sie die äußerste Linke, die
republikanische Gruppe, Arago, Jules Favre, Picard und
Genossen. Allerdings hatten sie oft genug den Kaiser wegen
seiner schmählichen Langmuth gegen Preußen verächtlich zu
machen gesucht: jetzt aber, als es Ernst mit dem Kriege
wurde, ergriff sie wieder die Angst vor einem schrankenlosen
Säbelregiment, wenn Napoleon als siegreicher Triumphator
aus dem Feldzug zurückkehre, und so wurden sie auf's Neue
zu Aposteln menschenfreundlicher Friedensliebe. Vor ihnen
Allen aber warf sich sogleich nach der Vorlesung des mini-
steriellen Programms der alte Thiers in den Kampf, auch
er zur Uberraschung seiner Zuhörer in scheinbarem Wider-
spruch mit seiner ganzen Vergangenheit. Denn freilich hatte
er mehr als ein anderer Mensch in Frankreich die Meinung
verbreitet, daß das Emporwachsen Preußens die Lebens-
interessen Frankreichs schwer beschädige, daß Napoleon gegen
diese Gefahren längst hätte einschreiten müssen. Auch jetzt
hielt er diese Auffassung unerschütterlich fest; gewiß werde
die Zeit kommen, wo Frankreich die Folgen von Sadowa
auszutilgen habe. Allein wir sahn schon, wie er gleich nach
dem Rücktritt des Prinzen Leopold sich bei Ministern und
Abgeordneten eifrig um die Erhaltung des Friedens bemühte.
Jetzt ergoß er seinen Zorn in einer von überlegener Meister-
schaft getragenen Rede über die Unfähigkeit, mit der vom
ersten Schritte bis zum letzten die Minister einen schlechten
Anlaß zum Kriege ergriffen, die öffentliche Meinung Europas