Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

354 Die Kriegserklärung. 1870 
gewollt, ich bin durch die öffentliche Meinung dazu ge— 
zwungen worden. Die Königin, eine entschiedene Feindin 
Preußens, schrieb auf das Blatt: Es ist wahr, hier ist er 
unschuldig; sein Verbrechen war 1866. 
An demselben 15. Juli, an welchem Frankreich aus 
Eifersucht auf Preußens Wachsthum den Angriffskrieg be- 
schloß, reiste König Wilhelm von Ems nach Berlin zurück, 
um, wenn es so geschähe, die Vertheidigung zu sichern. Wenn 
früher einzelne Stimmen die Geduld getadelt hatten, mit der 
er die französischen Zumuthungen anhörte, jetzt, nach seinem 
kräftigen Entschlusse zu ihrer Abfertigung, war sein Volk ihm 
dankbar, daß er bis an die äußerste Grenze der Langmuth 
gegangen war und damit die Friedensliebe und das gute 
Gewissen Deutschlands der Welt offenbar gemacht hatte. Wo 
der königliche Zug anhielt, waren die Bahnhöfe mit ge- 
drängten Menschenmassen erfüllt, welche den greisen Herrscher 
mit unablässigen Jubelrufen begrüßten. Da war kein Unter- 
schied von Alt und Jung, von Stadt und Land, von alt- 
preußischen und annectirten Provinzen, die Bewegung war 
ebenso stark und einmüthig in den hessischen und den 
hannoverschen, wie in den niedersächsischen und brandenburg- 
schen Orten. Der Kronprinz, Bismarck, Roon und Moltke 
waren dem Könige bis Brandenburg entgegengefahren, um 
ohne Zeitverlust gleich die dringlichsten Vorkehrungen mit 
ihm zu besprechen. Noch wollte der König nicht an den 
Ausbruch des Kriegs glauben; er dachte, daß jetzt die fran- 
zösische Aufregung sich beruhigen würde. Als aber der Zug 
in den ebenfalls von dichten Menschenmassen erfüllten und 
umlagerten Berliner Bahnhof eingelaufen war, überreichte auf 
dem Perron Herr von Thile dem Grafen Bismarck das eben
	        
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