Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1870 König Wilhelm's Ankunft in Berlin. 355 
aus Paris gekommene Telegramm mit der Erklärung der 
französischen. Minister. Es wurde Sr. Majestät vorgelesen; 
der König sagte: Das sieht ja sehr kriegerisch aus, da werden 
wir wohl drei Armeecorps sogleich mobil machen müssen. 
Bismarck sagte: Majestät, das wird nicht reichen, die Franzosen 
mobilisiren jetzt schon ihre ganze Armee. Der König befahl darauf 
Bismarck eine nochmalige Vorlesung der ganzen Depesche. Aber 
das ist ja die Kriegserklärung, rief er jetzt in tiefer Bewegung, 
also wirklich, noch einmal ein solcher Krieg? Es ist wahr, sagte 
er darauf, es ist der Krieg; nun denn, so sei es, in Gottes 
Namen. Der Kronprinz wandte sich zu den hinter ihm stehen- 
den Officieren mit dem Rufe: Krieg, Mobil! Worauf ihn der 
König unter Thränen lebhaft umarmte.1) Die Kunde flog rasch 
hinaus zu den draußen harrenden Menschenmassen, und ein ge- 
waltiges Hurrah aus viel tausend Kehlen antwortete, daß die 
Fensterscheiben zitterten, und pflanzte sich fort auf den Platz 
und durch alle Straßen, durch welche der König zu seinem 
Palaste fuhr. Auch hier drängte sich die Volksmenge, hoch- 
rufend und das Heil im Siegeskranz singend. Nachdem der 
König sich mehrere Male am Fenster gezeigt und seinen Dank 
hinabgewinkt hatte, erschien gegen 11 Uhr ein Officier auf 
der Rampe: Se. Majestät halten Kriegsrath und lassen um 
Ruhe bitten. Sofort ertönte es drunten: Der König will 
Ruhe haben, und in zwei Minuten waren die Massen wie 
weggekehrt, und der weite Platz lag in stiller Einsamkeit. 
Noch in der Nacht gingen dann die Befehle zur Mobil- 
machung hinaus an die Truppen und die entsprechenden 
Depeschen an die süddeutschen Verbündeten. 
) Nach mündlichen Mittheilungen von Augenzeugen. Vgl. Bis- 
marck's Immediatbericht vom 23. September 1888. 
23°
	        
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