Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1868 Annahme des Bertrags mit Osterreich. 27 
welchen die Regierungen rund auf 2 ½ Million Thaler jähr- 
lich veranschlagten, und für den sie um so dringender einen 
Ersatz (hoffentlich mit einigem überschuß) begehrten, als 
mehrere, und zwar in erster Linie Preußen, zu Hause ihre 
Staatsbudgets in schwerem Gedränge sahn. Es wurde also 
vorgeschlagen, eine erhöhte Steuer auf den inländischen, einen 
erhöhten Eingangszoll auf den ausländischen Tabak und 
einen neuen Eingangszoll auf das zur Zeit unbesteuerte 
Petroleum zu legen. 
Man begann die Verhandlung mit dem österreichischen 
Handelsvertrag, und hier war vom ersten Augenblicke an 
das günstige Ergebniß vorauszusehn. Vor Allem war dabei 
der gebräuchliche Eifer zum Amendiren ausgeschlossen; bei 
einem Antrage mit einer fremden Macht gibt es kein Drittes 
neben Annahme oder Verwerfung. Sodann spaltete sich hier 
die sonst überall zur Verneinung entschlossene süddeutsche 
Fraction# Sie Alle waren eifrige Anhänger Österreichs, ent- 
rüstet, daß Preußen die österreichischen Brüder aus dem 
deutschen Bunde hinausgeworfen, erfüllt von dem Wunsche, 
mit Osterreich wachsende Fühlung wieder zu gewinnen. Drei 
Viertel der Herrn brachten es nicht über das Herz, einen 
Vertrag abzuweisen, der ihnen gesteigerte Berührung mit 
Osterreich eröffnete. So verlief sich die Verhandlung nicht 
als ein Kampf, sondern als ein Meinungsaustausch. Aus 
der großen Masse der herabgesetzten Tarifpositionen kamen 
in etwas gründlicher Weise nur drei Artikel zur Besprechung, 
Leinengarn, Roheisen und Wein. Als Moritz Mohl wegen 
der Vermindedung des Schutzes gegen fremde Concurrenz 
die Vernichtung dieser blühenden Industrien weissagte, wurde 
ihm von Otto Camphausen dargelegt, daß die Flachsspinne-
	        
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