Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

860 Die Kriegserklärung. 1870 
wärtigen Reichstags bis zum Schlusse des Jahres zu ver- 
längern. In diesem Augenblick dachte man nicht an Wahlen, 
sondern an Schlachten, ein einziger großer Zug ging durch 
die Gemüther, der Drang, zum Schutze des Vaterlands die 
Hand der Vertheidiger und ihrer Führer zu stärken. 
In denselben Tagen kam auch im deutschen Süden, 
wenngleich nicht ohne harten Kampf, der nationale Auf- 
schwung zu voller Entfaltung. In München hatte vom 13. 
bis zum 15. Juli, also während des Höhenstandes der Krisis 
in Paris, die zweite Kammer das Militärbudget berathen. 
Die Majorität gehörte der ultramontanen oder, wie sie selbst 
sich nannte, der patriotischen (für das bayerische Vaterland 
sorgenden) Partei, zur Zeit verstärkt durch einige demokratische 
Stimmen, an. Sie erklärte, daß das stehende Heer durch 
seinen Aufwand an Arbeitskraft und Geld das Land ruinire; 
eine Ausgabe von 15 Millionen Gulden für Militärzwecke 
könne das baycrische Volk nicht länger aufbringen, man müsse 
zum Milizsystem mit einer Dienstzeit von acht Monaten über- 
gehn, die für die Ausbildung des Soldaten völlig hinreiche 
und mit der Hälfte der bisherigen Kosten zu bestreiten sei. 
Als der Ministerpräsident und der Kriegsminister von Pranckh 
mit großem Nachdruck auf die von Frankreich drohende 
Kriegsgefahr hinwiesen, kam die Antwort: Wir berathen hier 
ein Friedensbudget; gibt es Krieg, so werden wir das Nöthige 
bewilligen; nach dem Kriege gibt es wieder Frieden, und 
dann treten die jetzt zu fassenden Beschlüsse in Kraft. Die 
Mehrheit war um so dringender in ihrer Forderung, als mit 
der Auflösung des stehenden Heeres das ihr verhaßte preußische 
Bündniß inhaltlos geworden wäre: freilich übersah sie in 
ihrem Eifer, daß dadurch die Regierung, die das feste Wehr-
	        
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