Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

364 Die Kriegserklärung. 1870 
linken Flanke gewährt, ist so einleuchtend, daß über seine 
Entschließung kein Zweifel sein kann. Frankreich aber hat 
sich erboten, unsere Neutralität zu respectiren; Gramont hat 
erklärt, durch den Krieg solle Frankreich keinen Fußbreit 
deutschen Bodens erwerben; ja man will uns ausdrücklich 
die Pfalz gewährleisten. Wieder hatte dieser Sachverständige 
keine Ahnung von den wirklichen Verhältnissen, und an 
dieser Stelle lag die Sache so, daß es gar nicht einmal auf 
technische Kenntnisse, sondern nur auf gesunden Menschen- 
verstand ankam, den ihm der ultramontane Parteihaß ver- 
dunkelt hatte. Als damals Gramont in einem Berichte des 
Gesandten St. Vallier die Klage Varnbüler's las, daß Frank- 
reichs Verhalten den süddeutschen Staaten die gewünschte 
Neutralität unmöglich mache, schrieb er unwillig auf den 
Rand der Depesche: als wenn wir jemals diese Neutralität 
zugelassen hätten; wir brauchen die Pfalz für unsern strategi- 
schen Aufmarsch, und Schwaben und Bayern für unsere 
weiteren Operationen — nämlich zur Vereinigung mit den 
damals von ihm erhofften italienischen Hülfstruppen. Jörg 
konnte dies allerdings nicht aus den Urkunden wissen) aber 
wer bei einem Kriege zwischen Norddeutschland und Frank- 
reich die Unmöglichkeit einer bayerischen Neutralität nicht aus 
der Landkarte herauszulesen wußte, hatte für immer den Titel 
eines Staatsmannes verwirkt. Die Minister hatten leichte 
Mühe, ihn zu widerlegen, Graf Bray nach den Bayern gegen 
Preußen und Deutschland obliegenden Pflichten, Herr von 
Pranckh nach der Gewißheit, daß es heute nur einen Weg 
zur Errettung der bayerischen Selbständigkeit gebe, den un- 
bedingten Anschluß an die deutsche Sache. Die dann er- 
öffnete Debatte setzte sich in lebhafter Erregung bis tief in
	        
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