366 Die Kriegserklärung. 1870
Millionen bewilligt. Da erscholl draußen auf den Straßen
ein so donnernder und lange anhaltender Jubelsturm, daß
der Präsident einige Minuten in der Abstimmung innehielt,
dann aber die weitern 21 Millionen bewilligt und schließlich
der ganze Gesetzentwurf mit 101 gegen 47 Stimmen an-
genommen wurde. Als nach dem Schlusse der Sitzung die
Abgeordneten aus dem Hause hinaustraten, fanden sie die
Straßen von Tausenden von Menschen erfüllt, die fort und
fort in freudige Hoch und Hurrah ausbrachen.
Am 20. Juli Morgens trat die erste Kammer ohne
Verhandlung den Beschlüssen der zweiten Kammer einstimmig
bei. Die vollendete Entscheidung wurde sofort nach Berlin
telegraphirt, und die beiden Monarchen tauschten telegraphisch
warme Brudergrüße aus.
Das bayerische Volk hatte gezeigt, daß zur rechten Stunde
auch in seinen Herzen Schenkendorf's Dichterwort: Deutsch-
land, Deutschland über Alles, volltönenden Widerhall fand.
Einen ganz ähnlichen Verlauf hatten die Dinge in
Württemberg. Auch hier hatte die demokratische Mehrheit
der zweiten Kammer die Absicht angekündigt, in der bevor-
stehenden Herbstsaison durch Abstriche am Militäretat die
Einführung des Milizsystems zu erzwingen und damit die
Auflösung des preußischen Bündnisses herbeizuführen. Die
leitenden Minister, Mittnacht und Varnbüler, wünschten
dringend, einen Bruch mit der Kammer zu vermeiden, und
hofften durch tüchtige Concessionen die Stimmung zu mildern.
König Karl aber, obgleich von verschiedenen Seiten her im
antipreußischen Sinne bearbeitet, wurde gerade durch den
demokratischen Ansturm auf seine Regimenter in der nationalen
Richtung festgehalten. Er fragte den General Suckow,