Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

1870 Englische Neutralität. 375 
der Angreifer sei, müsse dieses den ersten Schritt zur Aus- 
gleichung thun. Hiemit war auch dieser Versuch fehlgeschlagen, 
und so erschien am 19. Juli ein englisches Manifest, worin 
die Königin die Neutralität ihres Landes ankündigte und jede 
Verletzung derselben durch ihre Unterthanen mit den gesetz- 
lichen Strafen bedrohte. Die Minister waren schwer be- 
kümmert. Sie konnten nicht umhin, Frankreichs Verhalten 
seit dem 6. und vollends seit dem 12. Juli zu mißbilligen. 
Demnoch aber blieb in ihren Herzen, bei Lord Granmville ein 
warmes Wohlwollen für Frankreich, bei Gladstone eine gründ- 
liche Abneigung gegen Deutschland lebendig, welche Gefühle 
sie freilich nur in so weit bethätigten, als sich dies mit dem 
augenblicklichen Drang der öffentlichen Meinung und mit der 
Förderung der englischen Handelsinteressen vertrug. Als im 
Unterhause sehr lebhaft der Schutz der belgischen Neutralität 
besprochen wurde, mahnte Disraeli, sich nicht zu sehr auf 
schöne Worte und alte Verträge zu verlassen, und für alle 
Fälle sich kräftig zu wappnen; er erinnerte übrigens noch an 
eine andere Garantie, die England 1815 auf dem Wiener 
Congreß übernommen, nämlich die des preußischen Besitzes 
der Rheinprovinz. Aber so entschieden wie möglich wies 
Gladstone diese Andeutung mit dem grundlosen Satze zurück: 
jene Garantie sei durch die Auflösung des deutschen Bundes 
und Preußens Annexionen erloschen. Sorgsam vermied er 
jede Erörterung des practischen Sinnes in Disraeli's Worten, 
daß nämlich Belgiens Selbständigkeit mit der Eroberung der 
Rheinlande durch Frankreich rettungslos verloren sei, und 
folglich schon um Belgiens willen die englischen Interessen 
den Sieg Preußens wünschenswerth machten. Immerhin durch 
Bismarck's Enthüllungen über Belgiens Zukunft beunruhigt,
	        
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