1868 Verhandlung über Tabaksteuer. 29
beinahe ebenso hoch sei wie der vorgeschlagene Grenzzoll: so
ergebe sich thatsächlich in Hessen der unglaubliche Mißstand
eines Schutzzolls zu Gunsten der Fremden auf Ko stel. des
Inlandes. Sie behielten sich darüber einen besondern An-
trag vor.
Das Haus schritt darauf zur Abstimmung und nahm
den Vertrag mit allen gegen 17 Stimmen an. Die letztern
waren sämmtlich feste Schutzzöllner aus der süddeutschen
Fraction, welche mit tiefer Wehmuth den freiern Verkehr mit
Osterreich nach ihrer ökonomischen Doctrin für einen Schaden
ihres Landes erklären mußten.
Nach der Natur der Dinge wäre jetzt über die zweite
Tarifvorlage des Bundesraths zu beschließen gewesen. Denn
dann erst hätte ein vollständiges Bild von den durch Ver-
minderung der Zölle entstehenden Ausfälleu der Staatsein-
nahmen vorgelegen, und. wäre die Frage ihres Ersatzes durch
neue Steuern spruchreif geworden. Aber die süddeutsche
Fraction fürchtete, daß auf diesem Wege die Majorität viel-
leicht zu einer Bewilligung der von den Regierungen begehrten
Tabaksteuer gebracht werde, und Moritz Mohl beantragte,
zunächst diese auf die Tagesordnung zu setzen. Sie sei so
wichtig, sagte er, daß man sie streng objectiv und isolirt
auf ihre Bedeutung prüfen müsse, ohne sonstigen Beziehungen
Einfluß auf das Urtheil zu gestatten. Georg Vincke, der sich
in dieser Session auffallend schweigsam verhielt, widersprach
ihm in der Sache, da es allgemeine Regel sei, zuerst die
Ausgaben oder Ausfälle zu ermitteln und danach die nöthigen
Einnahmen zu bemessen. Aber, setzte er hinzu, da Mohl,
wie ich höre, den einstimmigen Wunsch der süddeutschen Ge-
nossen ausgesprochen hat, sollten wir ihnen gefällig sein.