380 Allianzversuche. 1870
und je mehr der russische Hof Frankreichs Überlegenheit über
Preußen fürchtete, desto eifriger war sein Bestreben, jede
weitere Verstärkung derselben durch den Zutritt verbündeter
Streitkräfte zu hindern.
Dies erfuhr zunächst Dänemark. Gleich bei dem Er-
scheinen der französischen Kriegserklärung wogte hier der
alte Deutschenhaß bei einem großen Theile der Bevölkerung
ingrimmig auf. Auch war in Paris der Plan auf der Stelle
fertig, eine starke Flotte mit etwa 30 000 Mann Landungs-
truppen in die Ostsee zu senden, damit 20 000 Dänen zu
vereinigen, und so von irgend einem Küstenpunkte her Berlin
aus nächster Nähe unmittelbar zu bedrohn. Dies war leicht
gedacht, aber nicht ebenso schnell ausgeführt. Aber ohne
einen Augenblick zu verlieren, erschien bei der Regierung in
Kopenhagen ein preußischer Antrag, die dänische Neutralität
bei dem bevorstehenden Kriege zu erklären, und gleich darauf
ein höfliche, aber sehr verständliche Andeutung, daß bei der
ersten feindseligen Regung preußische Truppen ganz Jütland
besetzen würden. König Christian weniger kampflustig als
sein Volk, erinnerte sich der Nöthe, in welche der Eifer der
Eiderdänen 1864 sein Land gestürzt hatte. Und nun er-
schienen dicht hinter einander die drängenden Vorstellungen
aus London und aus Petersburg, um Gottes willen nicht
wieder Dänemarks Heil einem gefährlichen Kriegsspiel zu
überliefern, und so entschloß sich der König, dem eignen
Gefühle folgend, die Erklärung der Neutralität zu unterzeichnen.
Jetzt erst langte ein französischer Spezialgesandter, Marquis
Cadore, in Kopenhagen mit der Einladung zum französischen
Bündnisse an: die Zeit war versäumt, er hatte das
Nachsehn.