1870 Andrassy bewirkt Erklärung der Neutralität. 385
und des cisleithanischen, des Grafen Potocki zusammen, um
zu der schweren Frage Stellung zu nehmen. Hier beantragte
dann Beust, weder Bündniß noch Neutralität zu erklären,
sondern zunächst eine abwartende Haltung zu bewahren, im
Stillen aber zur eignen Deckung die Armee auf halbe Kriegs-
bereitschaft zu bringen. Allein mit voller Entschiedenheit trat
ihm Graf Andrassy entgegen. Ohne Rücksicht auf irgend
welche Gefühle, führte er aus, haben wir uns lediglich nach den
jetzigen Interessen des Reichs zu entscheiden, diese aber fordern
gebieterisch die offene und bestimmte Erklärung unserer Neu-
tralität. Wenn Napoleon über Preußen triumphirte, so
würde Osterreich in unbedingte Abhängigkeit von ihm ge-
rathen und dann ein für sich höchst bedenkliches Einvernehmen
Frankreichs und Rußlands zu erwarten haben. Wenn da-
gegen Preußen die Oberhand behielte, so hätten wir durch
unsere Neutralität einen zuverlässigen Freund gewonnen, von
dem uns kein Gegensatz der Interessen trennt, da Osterreich
sich wahrscheinlich durch die französischen Lockungen nicht ver-
führen lassen wird, nach Herstellung des frühern deutschen
Bundespräsidiums zu streben, eines gründlich verrotteten Ver-
hältnisses, welches unfrer Monarchie niemals genützt, aber sehr
oft geschadet hat.!) Eine Rüstung fügte Andrassy hinzu, ist
auch nach meiner Ansicht in der heutigen Lage unerläßlich; ich
beantrage dafür eine Geldforderung von 20 Millionen. Niemals
aber werden die Delegationen eine solche Summe zu einem
andern Zwecke als der Sicherung unserer Neutralität bewilligen.)
1) Eine gleiche Erklärung hierüber im ungarischen Reichstage
wurde dort mit brausendem Beifall aufgenommen.
2) Bgl. Konyi's Mittheilungen aus Andrassy's Gesprächen und
Louyai's Briefen. Deutsche Revue 1890. Dazu Beust's mehrmals
wiederholte Erklärungen.
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. VII. 25