1870 Beust's Brief vom 20. Juli. 387
um seine persönliche Instruction für mündliche Erläuterung
oder Versüßung der bittern Pille, der Neutralität und der
Ablehnung des Bündnisses. Beust ahnte nicht, daß der
Brief in andere Hände gerathen und dann zu endlosen
Mißverständnissen und Verdrehungen seiner Politik An-
laß geben würde. Wir müssen deshalb das Schreiben hier
wiederholen und seinen wirklichen Sinn erläutern. Es hieß
darin:
„Graf Vitzthum hat unserem erhabenen Herrn von
dem mündlichen Auftrage Kenntniß gegeben, welchen der
Kaiser Napoleon ihm ertheilt hat (nämlich dem Wunsche
auf Berufung eines Friedenscongressesl. Diese kaiserlichen
Worte, verbunden mit Gramont's Erläuterungen, haben
jede Möglichkeit eines Mißverständnisses beseitigt, welches
das Unvorhergesehene dieses plötzlichen Krieges entstehn
lassen konnte (nämlich die Vermuthung, daß Napoleon
persönlich von Angriffslust erfüllt seif. Sie wollen daher
dem Kaiser und seinen Ministern wiederholen, daß wir
getreu den Verpflichtungen, wie sie in den zu Ende des
vorigen Jahres zwischen den beiden Souveränen aus-
getauschten Schreiben festgestellt sind (nämlich kein Bünd-
niß ohne Vorwissen des Andern mit einem Dritten zu
schließen!), die Sache Frankreichs wie die unsere betrachten,
und zu dem Erfolge seiner Waffen innerhalb der Grenzen
des Möglichen beitragen werden."“
[Es folgt dann eine Erörterung, daß eine militärische
Unterstützung nicht mehr innerhalb der Grenzen des Möglichen
liege, daß vielmehr wegen der Haltung der Russen, der
Magyaren und der Deutschösterreicher die Erklärung der
Neutralität zum Bedauern der Regierung unvermeidlich
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