410 Anmerkung zu Capitel 5.
den freundschaftlichen Außerungen Osterreichs und Italiens mit voller
Sicherheit bei der Erklärung des Kriegs auf deren Beistand hätte
rechnen können. Graf Beust war damals nicht mehr Minister, sondern
Botschafter in London; er wollte begreiflicher Weise nicht als Genosse
der Gramont'schen Kriegspolitik erscheinen und erinnerte ihn in einem
den Zeitungen übergebenen Briefe vom 4. Januar 1873 an jene
Depesche vom 11. Juli, in der er ihn so streng getadelt und jede
Theilnahme Österreichs an seinem Verfahren abgelehnt hatte. Hierauf
erwiderte Gramont in einem gleichfalls veröffentlichten Briefe vom
8. Januar. Er sagt, daß der Botschafter, Fürst Metternich, ihm zwar
die Depesche nicht vorgelegt, wohl aber deren Inhalt mitgetheilt, und
ihm damit einige Tage schwere Sorgen bereitet und lebhafte Aus-
einandersetzungen veranlaßt habe. Da aber, fährt er fort, kam Graf
Vitzthum nach Paris, und sofort verschwanden alle Spuren der durch
die Depesche herbeigeführten Kälte. Er sah den Kaiser, er sprach
mit mir, und gleich nach seiner Ankunft in Wien schrieben Sie am
20. Juli dem Fürsten Metternich Folgendes:
Graf Vitzthum hat unserem erhabenen Herrn die ihm vom
Kaiser Napoleon aufgetragene Botschaft mitgetheilt. Diese kaiser-
lichen Worte haben jede Möglichkeit eines Mißverständnisses be-
seitigt, welches die Plötzlichkeit dieses unvorhergesehenen Kriegs
hätte hervorrufen können. Erklären Sie also Sr. Majestät und
deren Ministern, daß wir, getreu den 1869 in den Briefen der
beiden Souveräne übernommenen Verpflichtungen, die Sache Frank-
reichs als die unsere betrachten, und daß wir zum Erfolge seiner
Waffen nach Möglichkeit beitragen werden.
Am 24. Juli also, bemerkt Gramont weiter, dem Tage, wo ich
diese Depesche erhielt'), hatte ich Osterreichs förmliches Versprechen,
zum Erfolg unserer Waffen möglichst beizutragen. Oder sollte das
nur durch sympathische Wünsche geschehn, ohne jemals das Schwert
zu ziehn? Ich kann es nicht glauben, und überdies fügen Sie an einer
weitern Stelle hinzu:
Unter diesen Umständen zwingt uns eine gebieterische Noth-
wendigkeit, mit Bedauern das Wort Neutralität auszusprechen.
Aber diese Neutralität ist nur ein Mittel zu unserem wirklichen
Zweck, das einzige Mittel, unsere Rüstungen ohne Störung durch
feindliche Angriffe zu vollenden.
1) Ungenau, er hat sie am 23. gelesen.