Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

42 Das Zollparlament. 1868 
österreichischen Handelsvertrag zu Gunsten freieres Verkehrs 
geändert worden war. Es war eine stattliche Reihe von 
Gegenständen, für die der bisherige Zoll ganz erlassen oder 
mehr oder weniger erleichtert erschien, 57 Artikel mit viel- 
fachen Unterartikeln, bei denen der Zollausfall auf mehr als 
200000 Thaler berechnet worden war. Aus dieser erfreu- 
lichen Reihe stach nur ein Posten widerwärtig für alle Frei- 
händler hervor, keine Beseitigung eines alten, sondern die 
Wiedereinführung eines 1865 aufgehobenen Zolls, einer Ab- 
gabe von 15 Silbergroschen auf den Centner Mineralöls, 
deren jährlicher Ertrag auf 500000 Thalern geschätzt wurde 
und höchst wahrscheinlich mit jedem Jahre wachsen würde. 
Alle liberalen Volksfreunde, die Tags zuvor mit Bismarck 
zusammen gestimmt, waren hier einig mit der Südfraction, 
die gar keine neue Steuer im Zollparlament passiren lassen 
wollte. Alle übrigen Posten des neuen Tarifs erweckten ge- 
ringe Sorge, das gespannte Interesse des Hauses sammelte 
sich auf das Petroleum. Bereits ging das Gerücht, wenn 
dieser Artikel der allgemeinen Abneigung unterliege, wolle der 
Bundesrath die ganze Vorlage zurückziehn. Um hierüber 
Klarheit zu gewinnen, stellte nach einer kurzen Generaldebatte 
Braun (Wiesbaden) den Antrag, die einzelnen Artikel nicht 
nach ihrer Reihenfolge in der Vorlage zu berathen, sondern 
zuerst über das Petroleum zu entscheiden. Das Haus be- 
schloß in diesem Sinne, obgleich Präsident Delbrück erklärt 
hatte, der Bundesrath pflege nicht hypothetische Beschlüsse 
zu fassen, er warte das Verhalten des Hauses ab und werde 
dann seinerseits Stellung dazu nehmen. 
Daß der Petroleumzoll einen noch schwerern Stand 
als die Tabaksteuer haben würde, war zweifellos. Denn
	        
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