1868 Neue Verhandlung über die Clausel Miquel's. 49
Schädigung der Marine treffe allein die Regierung, die zur
Erhaltung einer reactionären Willkürherrschaft die aus ächtem
constitutionellem Geiste hervorgegangene Clausel zurückweise,
und deshalb statt 3 ½ Millionen aus der Anleihe nur
300000 Thaler aus verfügbaren Fonds für die Marine ver-
wende.
Bei diesem Gefecht von Klagen und Gegenklagen war
offenbar die Stellung der Regierung, welche das bestehende
Verfassungsrecht vertrat, taktisch günstiger als die der Oppo-
sition, welche eine tiefgreifende Anderung desselben begehrte.
Überhaupt verstand man draußen in weiten Kreisen die
schweren Consequenzen der scheinbar so harmlosen Miquel'schen
Clausel nicht; bei der nationalen Popularität, deren sich da-
mals die emporstrebende Flotte erfreute, erregte es Argerniß,
daß dieselbe durch einen solchen Hader gefährdet werden
sollte. Um so lebhafter klammerten sich die Nationalliberalen
an ihre frühern Verheißungen: sie dächten nicht an eine
Schädigung der Marine; im Gegentheil, wenn die Regierung
dabei bleibe, die Anleihe zurückzuweisen, so würden sie ihr
die erforderlichen Gelder aus anderweitigen Quellen entgegen
tragen. Welchen Gewinn sie von diesem Verfahren erwar-
teten, ist schwer zu sagen. Schafften sie der Regierung das
Geld durch neue Steuern, so wurde freilich die Flotte gebaut,
aber daß es durch vermehrte Abgaben anstatt durch eine
Anleihe geschah, würde die Popularität der Partei nicht er-
höhn, und mit der Nothwendigkeit der Anleihe fiel auch das
Bundesschuldengesetz und die Miquel'sche Clausel in das
Wasser.
Indessen man hatte die Bahn einmal betreten, und in
Umkehrung der gewohnten Verhältnisse durchmusterte dieses
v. Sydel, Begründung d. deutschen Reiches. VII. 4