Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

66 Erhebung des Liberalismus. 1852 
über der herandrohenden Gefahr weiterer Erschütterungen 
und communistischer Tyrannei hatte Alles, was in Frank- 
reich zur besitzenden und erwerbenden Classe gehörte — und 
dazu zählte die überwältigende Masse der bäuerlichen Be- 
völkerung — den rettenden Staatsstreich Louis Napoleon's 
mit all seinen Blutthaten jubelnd begrüßt, und die darauf 
begründete, alle politische Freiheit vernichtende Dictatur ohne 
Widerspruch auf sich genommen. Genug, es war wieder 
Ordnung und Ruhe im Lande. Man schwelgte in der 
Sicherheit des Eigenthums, der Entfaltung der Industrie 
und des Verkehrs, der Steigerung jeder Art der materiellen 
Genüsse. Um so grimmiger aber kochte die Wuth in den 
Herzen der für den Augenblick niedergeworfenen Parteien. 
Der Meineidige des 2. December blieb für sie ein Bandit, 
den mit allen Waffen zu bekämpfen als heilige Pflicht jedes 
Patrioten erschien. 
Anfangs konnte Napoleon mit Verachtung auf diese 
wilden Leidenschaften herabblicken. Er war populär bei dem 
Clerus, der Armee, den Bauern. Seine Verwaltung errang 
mit großer Einsicht bedeutende Erfolge auf dem wirthschaft- 
lichen Gebiete, und, was wohl die Hauptsache war, in den 
ersten sieben Jahren seiner Regierung wurde seine auswärtige 
Politik so kräftig und umsichtig geführt, daß Frankreich sich 
plötzlich wieder an der Spitze des ganzen europäischen Staaten- 
systems befand. Ein Fürst in solcher Stellung ist noch nie- 
mals, und am Wenigsten in Frankreich, gestürzt worden. 
Indessen wirkte auch hier die Alles verwandelnde Zeit, 
und mit der Dauer seiner Macht erlebte das Kaiserthum 
eine rasch fortschreitende Umgestaltung seiner Grundlage. 
Das Grauen vor dem rothen Gespenst hatte wie den Besitz,
	        
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