Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Siebenter Band. (7)

72 Erhebung des Liberalismus. 1867 
jenes vielberufene Bündniß vorschlug, nach welchem er zu- 
nächst Luxemburg und weiterhin Belgien, Preußen aber Süd- 
deutschland erhalten sollte. Dazu würde dann als dritter 
Genosse Italien treten, und ohne Blutopfer der Glanz des 
napoleonischen Namens in jeder Hinsicht hergestellt sein. 
Aber wir sahn, wie die preußische Verhandlung sich hin- 
zog. Im December faßte den Kaiser der Argwohn, Preußen 
würde nicht bloß die Allianz ablehnen, sondern ihm als offener 
Gegner vor Luxemburg in den Weg treten; er befahl auf 
alle Fälle dem Kriegsminister eine Reform des Heerwesens, 
die dessen Stärke verdoppeln würde. Bald nachher, Januar 
1867, entschied sich definitiv das Scheitern des preußischen 
Bundesplans, und auch mit Italien gelang die Verständigung 
nicht. Ich habe keinen Bundesgenossen in Europa, sagte 
Napoleon seinen Ministern, ich kann mich nur noch auf mein 
Volk stützen. Sein Entschluß war gefaßt, den liberalen Weg 
einzuschlagen, durch freisinnige Zugeständnisse den Dank des 
Volkes zu gewinnen, und auf diesem festen Grunde den 
Thron und die Thronfolge zu sichern. 
Leicht war ihm diese Entschließung nicht geworden, un- 
zählige Male mochten sich Hoffnungen und Befürchtungen 
in seiner Seele abgelöst haben. Er wußte sehr wohl, mit 
wie grimmigem Hasse die Republikaner, Socialisten und 
Radicalen den Namen Bonaparte verfolgten, und wie zahl- 
reich sie unter der städtischen Bevölkerung waren. Er durfte 
also nur langsam und stufenweise zu liberalen Zugeständ- 
nissen schreiten. Dann aber möchte bei der ganzen Masse 
aller constitutionell Gesinnten die Ungeduld erwachen, und 
jedes eingeräumte Freiheitsrecht als Waffe zu weiterer Be- 
schränkung der Kaisermacht benutzt werden. Freilich, er selbst
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.