1867 Napoleon und Ollivier. 73
sehnte sich nach dem Zeitpunkt, wo er einen Theil der Last
und der Verantwortung auf andere Schultern legen und,
gedeckt durch ein verantwortliches Ministerium, vom sichern
Hafen aus dem Kampfe draußen zuschauen könnte. Aber
würden dann diese Minister immer auch mit richtigem Blick
und redlichem Willen im Interesse seiner Krone und seines
Sohnes handeln? Würde das Parlament es ihnen immer
gestatten? Wäre es schließlich doch nicht das Sicherste,
in der bisherigen Weise das Steuer selbst zu regieren?
Aber wie lange würde die durch Alter und Krankheit
gelähmte Hand es noch festhalten können? Wäre nicht
Eile zur Beschaffung des Ersatzes oder doch der Beihülfe
nöthig?
E hatte schon früher mit dem vornehmsten seiner Rath-
geber, Rouher, die Frage besprochen. Rouher bekleidete da-
mals das Amt des Staatsministers und war als solcher be-
rufen, alle Vorlagen und die gesammte Politik der Regierung
in den Kammern zu vertreten; damit ragte seine Stellung
über die seiner Collegen hoch hervor, welche ohne Verbindung
unter einander lediglich gehorsame Secretäre des Kaisers
waren. Auf das erste Wort Napoleon's von Freisinn und
Volksgunst wies Rouher den Gedanken energisch zurück, mit
so gefährlichen Dingen wolle er in keiner Weise sich befassen.
Napoleon aber blieb auf seinem Sinn, setzte sich jetzt mit
Ollivier persönlich in Verbindung, und entwickelte diesem,
welche Einräumungen er dem Liberalismus zu machen ge-
dachte. Ollivier sprach seine große Freude über diese Tendenz
aus, erachtete aber die Bewilligungen als unzureichend für
eine bedeutende Wirkung. Vor Allem betonte er die Wichtig-
keit einer unbedingten, offen angekündigten Friedenspolitik,