86 Versuch eines Dreibundes. 1869
Bismarck sich beeilte, den süddeutschen Höfen die Grund-
losigkeit desselben, und daß er überhaupt darüber mit Paris
nicht verhandelt habe, zu versichern. Noch schlimmer wirkte
jedoch ein Bericht aus Karlsruhe, daß zwischen Baden und
Preußen ein Vertrag über militärische Freizügigkeit unter-
handelt werde, nach welchem also in Zukunft jeder nord-
deutsche Bürger seiner Wehrpflicht in einem badischen Regi-
mente, und umgekehrt jeder Badenser der seinigen in einem
norddeutschen genügen könne. Die staatsrechtliche Stellung
des Großherzogthums wurde freilich dadurch nicht berührt;
immer aber war es ein neuer Schritt auf der Bahn zur
deutschen Einheit, und gerade an jener empfindlichen Stelle,
hart an der langen Elsasser Grenze, wo alle Tage von
preußischen Rüstungen und Spionen die Rede war und die
Gemüther in Unruhe erhalten wurden. Und diese neueste
Kunde kam gleichzeitig mit einem von England beschützten
Auftreten Belgiens, welches als Verletzung der französischen
Ehre aufgefaßt wurde. Welche Ausbrüche der innern Gäh-
rung, welche Verwicklungen konnten daraus entspringen! Ein
Friedenswerk diplomatischer Geschicklichkeit hatte man im Sinne
gehabt, und bei dem ersten Vorgehn befand man sich auf
kampfglühendem Boden. Es galt, nach Schutz und Stützen
auszuschauen. Der französische Gesandte in Brüssel, La
Gueronniere, ein eifriger Chauvinist und Preußenfeind, der
übrigens Bismarck für einen flachen Kopf und für einen un-
ruhigen Politiker ohne feste Ziele hielt, bezeichnete bald nach-
her einem seiner Collegen die französischen Stimmungen
dahin: der Kaiser ist friedfertiger als die Minister, diese sind
friedfertiger als das Volk; friedlich gesinnt ist auch das Volk,
aber reizbar in seinem nationalen Ehrgefühl; wenn Bismarck