Full text: Grundzüge der deutschen Schulgesetzgebung.

können. Das zu bewirken, ist der Zweck der Schule. Der Staat handelt 
den Zwecken seiner Schulen also direkt entgegen, wenn er duldet 
oder gar selbst bewirkt, daß engere Kreise von vornherein an gewissen 
Kulturquellen sich festsetzen und den Zugang dazu absperren. Er 
muß das Bildungswesen so einrichten, daß möglichst alle Anlagen 
und Neigungen Gelegenheit finden, sich deutlich auszusprechen, 
so daß jedes Nind auf den ihm gemäßen Bildungsweg kommt. Was 
der Kulturstaat braucht, ist also eine Schule mit einer gemeinsamen 
Grundschule, aus der so viele Straßen aufwärts und vorwärts führen, 
als hauptrichtungen in den Kulagen und Lebenszwecken vorhan- 
den sind. 
Freilich kann durch die Organisation der Schule allein diese 
Kufgabe nicht in vollem Umfange gelöst werden. Es werden auch 
bei der besten Organisation Schüler mit sehr verschiedenen Begabungen 
vereinigt bleiben müssen. hier muß die das Individuum und die 
Dersönlichkeit berücksichtigende Methode eingreifen, die nicht von 
allen alles verlangt, die Lücken duldet und höhen anerkennt, die ein 
Weniger an einer Stelle gegen ein Mehr an anderer Stelle aufrechnet, 
die trotz aller gemeinsamen rbeit die Derschiedenheiten der Indi- 
viduen von vornherein anerkennt. TLehrer wie Schulaufsichtsbeamte 
dürfen nicht nur und nicht vornehmlich nach den Tücken fragen, nicht 
nach dem, was nicht da ist, sondern auch und vor allem nach dem, 
was da ist, und ganz besonders auch danach, was über das Mittelmaß 
binausstrebt. Uur so kann die Schule die individuellen Kräfte hervor- 
locken und jeden einzelnen auf den Weg zu seinem ziele bringen. 
Eine besondere Berücksichtigung müssen vor allem diejenigen 
begabten Schüler finden, die durch irgendwelche Umstände verspätet 
zur Erkenntnis ihrer geistigen Begabung kommen oder von ihrer Um- 
gebung lange verkannt wurden. hierfür kann die nötigen Dor- 
bedingungen vor allem eine solche Ordnung der Schulleitung und 
Schulaufsicht schaffen, die dem einzelnen Lehrer mit Einräumung 
voller Freiheit die volle Derantwortung für sein Aun und Lassen auf- 
erlegt. Don einem bureaukratisch und militärisch geordneten Schul-
	        
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