Full text: Persönliche Erinnerungen an den Fürsten Bismarck.

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Abends spielte ich ihm auf Wunsch der Damen einige 
jener schwermüthigen russischen und nordischen Volkslieder 
vor, die er später so oft noch zu hören verlangt hat. 
Kurz nach meiner Rückkehr nach Berlin vollzogen sich 
wesentliche Veränderungen im Bureau des Staatsmini— 
steriums. Der damalige Unterstaatssekretär nahm seinen 
Abschied, und mir, obgleich ich der jüngste Geheime Rath 
war, wurde die Verwaltung der Stelle des Unterstaats- 
sekretärs übertragen. Die beiden älteren vortragenden 
Räthe meldeten sich in Folge dessen krank und wurden 
auf ihren Wunsch demnächst ebenfalls verabschiedet, so daß 
ich auch ihre Dezernate übernehmen mußte. Ich habe 
diese Geschäfte ein volles Jahr hindurch versehen und 
während dieser Zeit in sämmtlichen Sitzungen des Staats- 
ministeriums das Protokoll geführt. Zweimal hatte ich 
auch das Glück, zu Kronrathssitzungen unter dem Vorsitze 
des Kaisers als Protokollführer hinzugezogen zu werden. 
Welche Ansprüche der Fürst an seine Umgebung stellte, 
davon erlebte ich schon in diesem Jahre ein paar inter- 
essante Beispiele. Eines Morgens fragte er mich, ob mir 
die etwas verwickelten Rechtsverhältnisse des Wolff'schen 
Telegraphenbureaus genauer bekannt wären. Ich konnte 
mit gutem Gewissen antworten, ich hätte nicht die leiseste 
Ahnung davon. „Dann“, sagte er, „informiren Sie sich 
bitte und legen Sie mir eine kleine Denkschrift über die 
Sache vor.“ „Wann befehlen Euer Durchlaucht diese 
Denkschrift?“ „Oh, die Sache hat keine große Eile. Es 
genügt, wenn ich die Denkschrift morgen Mittag erhalte." 
Mir blieb nichts übrig, als die Nacht zu Hilfe zu nehmen.
	        
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