20
der Abendstunden wartete nun Lenbach in meinem Zimmer
der Dinge, die da kommen sollten.
So waren, wenn ich nicht irre, mehrere Tage ver—
gangen, als ich eines Abends den Fürsten besonders gut
aufgelegt fand. Ich stellte ihm vor, indem ich betonte,
daß keiner meiner Vorträge ein Staats- oder Dienstge—
heimniß betreffe, wie es doch eigentlich gleichgültig sei, ob
er diese Vorträge in seinem Arbeitszimmer oder in dem
Vorsaale entgegennehme und machte ihm den Vorschlag,
hinauszutreten und in Gegenwart Lenbachs mich weiter
anzuhören.
So geschah es denn auch. Rasch wurde ein Sessel
für den Fürsten herbeigeschafft, ich nahm einige Schritte
von ihm mit meinen Akten Platz und Lenbach trat vor
die Staffelei. Während ich, um ihm möglichst viel Zeit
zu verschaffen, mit einer Umständlichkeit und Weitschweifig—
keit referirte, die nach den Gepflogenheiten der Reichs—
kanzlei geradezu unerhört war, sah Lenbach dem Fürsten
mehrere Minuten fest in's Auge und fuhr dann mit dem
Pinsel durch das Bild, daß Einem angst und bange hätte
werden können. Aber schon nach einer Viertelstunde ge—
wahrte man, daß eine erstaunliche Veränderung vor sich
gegangen, in die Gesichtszüge war Bewegung gekommen,
das Auge, ernst und tief, blickte jetzt den Beschauer an,
wie wenn es wirkliches Leben habe.
Mit ähnlicher Präzision wie in Berlin, gestaltete sich
der Dienst in Varzin und Friedrichsruh, wenn ich den
Fürsten dorthin begleitete. Nur daß wir dort ein etwas
sonderbares Leben führten, indem wir die Nacht zum Tage