Full text: Persönliche Erinnerungen an den Fürsten Bismarck.

boben wir zwölf Jahre am Bunde zu kämpfen gehabt, ich 
abe lange genug an diesen Kämpfen persönlich teil¬ 
genommen, um ihre nachteiligen Wirkungen würdigen 
u können ... Gerade die Regierungen, die wir in dem 
alle waren zu stützen, sind als unsere schärfsten Gegner 
aufgetreten, und wenn Sie sich einen neuen schleswig=hol¬ 
Frluischen Staat denken, so würde der uns wenig helfen 
Fonnen. 
4 Am 1. Juli 1865 standen im preußischen Abgeord¬ 
netenhause die Forderungen für den Ausbau von 
Kriegshäfen der Kieler Bucht und an der Jahde, sowie 
für die Anschaffung von Kriogsschiffen auf der Tages¬ 
ordnung. Dieselben Herren, die wenige Jahre früher sich 
für die Sammlungen des Nationalvereins für die Flotte 
erwärmt hatten, meinten nun, Preußen könne die Lasten 
nicht tragen, man möge sich zunächst mit den anderen 
kleinen Staaten über die Mithilfe verständigen. Wie die 
Dinge damals lagen, kam diese Forderung, wenn sie 
angenommen worden wäre, einer Vertagung ad 
calendas graecas gleich, und inzwischen wäre der preu¬ 
ßh#ische, beziehungsweise der deutsche Handel nicht genügend 
geschützt gewesen. Bismarck antwortete daher: „Sehr 
schwierig ist es, ein freiwilliges Abkommen mit jemanden 
zu treffen, das ihm Lasten auferlegt, wenn man diesen 
emand nicht zwingen, ihm keine Gewalt antun 
darf. Wir sollen also nur gutmütige Uberredung an¬ 
wenden, die gemeinsamen Interessen auseinandersetzen, 
damit die Leute mehr geben als bisher. Es steht dem 
entgegen, daß im allgemeinen in Deutschland par¬ 
tikulare Interessen stärker sind, als der Gemein¬ 
inn. Es steht dem entgegen, daß im allgemeinen die 
xistenz auf der Basis der Phäaken bequemer ist, als auf 
der Basis der Spartaner. Man läßt sich gern schützen, 
aber zahlt nicht gern, und am allerwenigsten gibt man 
das geringfügigste Hoheitsrecht zum Besten der allgemeinen 
Interessen auf . . . Ich hätte wirklich nicht geglaubt, daß 
er maritime Ehrgeis der preußischen liberalen Pa-lei so 
weit reduziert sei.“ » 
Zum Schlusse noch ein Satz Bismarcks über die un¬ 
fruchtbare, ablehnende Haltung seiner Gegner, über die 
„impotente Negative“, die in gewisser Hinsicht an die 
Zeit vor der Auflösung des letzten Reichstages erinnert. 
Es war zurzeit, wo sich die Dinge, die zum Krieg von 
1866 führten, immer mehr zuspitzten und das preußische 
Abgeordnetenhaus die Vorbereitung zur DTurchführung 
großer nationaler Aufgaben durch kleine doktrinäre Be¬ 
enken hemmte, als Bismarck ausrief: „Ich kann doch 
nicht leugnen, daß es mir einen peinlichen Eindruck macht, 
wenn ich sehe, daß angesichts einer großen natio¬ 
nalen Frage, die seit 20 Jahren die öffentliche Meinung 
beschäftigt hat, diejenige Versammlung, die in Europa für 
die Konzentration der Intelligenz und des Patriotismus 
in Preußen gilt, zu keiner anderen Haltung als zu einer 
impotenten Negative sich erheben kann. 
Das Buch von Kalkschmidt, dem auch ein Bild Bis¬ 
marcks aus dem Jahre 1866 beigefügt ist, enthält noch eine 
Fülle interessanter Reden und Aussprüche, so daß wir ihm 
die größte Verbreitung wünschen müssen. * „ * 
—* 
  
  
  
 
	        
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