Warum ich 1911 eine Novelle wollte 99
seiner Bürger nicht auf Beschönigungen, sondern auf Macht und Prestige.
beruht, gibt es in solchen Lagen, wenn er den Krieg vermeiden will,
nur ein Mittel, sein Ansehen wiederherzustellen: das ist, zu zeigen, daß
er sich nicht fürchtet, und zugleich für die nähergerückte Möglichkeit
des Ernstfalles den Schutz vor einer Niederlage zu verstärken. Wir
mußten das tun, was Bismarck in ähnlichen Fällen getan hatte, nämlich
in aller Ruhe und ohne aufreizendes Beiwerk eine Wehrvorlage einbringen.
Mit diesen Gedanken fuhr ich im Herbst nach Berlin und stellte
dem Kanzler vor, daß wir einen diplomatischen Echec erlitten hätten
und ihn durch eine Flottennovelle heilen müßten. Der Kanzler bestritt
den Echec, über welchen Ausdruck er sich zum Marinekabinettschef sehr ge-
kränkt aussprach, und fürchtete von einer Novelle den Krieg mit England.
Die von mir erwogene Novelle ging nicht auf eine eigentliche Ver-
mehrung unserer Flotte aus, sondern auf die Erhöhung ihrer Kriegs-
bereitschaft. Ein wunder Punkt unserer Wehrkraft zur See lag in
dem allherbstlichen Rekrutenwechsel, der bei unserer kurzen Dienst-
pflicht die Schlagfertigkeit der Flotte für eine bestimmte Jahresperiode
lähmte. Den Weg, um ohne wesentliche Vermehrung der Schiffszahl
die Kriegsbereitschaft zu erhöhen, fanden wir in der Aktivierung eines
Reservegeschwaders, so daß wir künftig über drei statt zwei stets in
Dienst gehaltene Geschwader verfügten.
Durch die hierdurch gewonnene Möglichkeit, die Mannschaften wäh-
rend ihrer Dienstzeit nahezu geschlossen auf demselben Schiff zu be-
lassen, vereinfachten wir nebenbei den mächtig überanstrengten Be-
trieb der bloßen Bordausbildung und machten das Offizierkorps freier
für die zurückgedrängten höheren Aufgaben und für die große See-
fahrt. Eine stärkere Schonung der Personalkräfte, die sich vorzeitig
in einseitigem Dienst aufrieben, erwies sich insbesondere nötig, um
den in höhere Stellen aufrückenden Männern die erforderliche Frische
zu bewahren. Diese organisatorische Reform machte baupolitisch ein
Mehr von nur drei großen Schiffen binnen zwanzig Jahren not-
wendig und erzielte mit einer verschwindenden Geldsumme eine
Qualitätsverbesserung der Marine.
Kein Kenner der britischen Politik konnte glauben, daß England
durch ein Mehr von drei Schiffen in zwanzig Jahren zum Krieg
gereizt werden könnte, wenn es nicht ohnehin dazu entschlossen war.
Auch unser Botschafter Graf Metternich sah hierin selbsiverständlich
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