Versäumte Gelegenheit 151
zum Nebenkriegsschauplatz geworden. Auch die großen Führer, welche
1916 an die Spitze der glorreichen Armee traten und ihre Kraft er-
neuerten, sahen sich jetzt nur noch begrenzten Entfaltungsmöglichkeiten
gegenüber. Der Augenblick war gekommen, wo, wie im Siebenjährigen
Krieg, der Sonderfrieden mit dem Zaren für uns endgültig zur Lebens-
frage wurde. Wir haben ihn versäumt.
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Die Angelsachsen hatten voll erkannt, daß in so ungeheurem Ringen
die Macht der Ideen den Sieg auf den Flügeln trägt. Sie riefen
hinaus in allen Sprachen: „Hört ihr Völker der Erdenrunde, hier ist
ein Volk unter uns, welches beständig die Eintracht stört, Krieg er-
klärt und die Welt erobern will, während wir euch stets nur die
Freiheit bringen. Mit dem Elsaß hat es angefangen, jetzt versucht es
dasselbe in Belgien, und wenn es Erfolg hat, kommt ihr daran.
Dies Volk wird von einer blutigen Militär- und Junkerkaste in Sklaven-
ketten gehalten, und der Kaiser, ihr Autokrat, läßt nach Belieben die
Welt in Flammen aufgehen. Helft uns das Volk niederzuschlagen,
damit wir es nach Verdienst bestrafen können. Erst wenn das er-
reicht ist, können wir den von allen edlen Menschen gewüönschten
Völkerbund schließen, und Friede wird auf Erden sein. Die Mensch-
heit wird eine Herde von Lämmern bilden, und soweit nötig wollen
wir freiwillig den Hirten abgeben.“ So etwa floß es von den Lippen
der angelsächsischen Führer in tausend Tönen und zähester Wieder-
holung. An solchen Reden berauschten sie sich selbst und ihre Völker.
Damit diese aber auch den nötigen Haß aufbrachten, um den Krieg
bis aufs Messer durchzuführen, riefen sie in die Welt: „Seht diese
Deutschen, welche die Kunstwerke Frankreichs zerstören, seine Frauen
schänden und den Kindern in satanischer Wollust die Hände abhacken.“
Dazu rollte das Gold des Feindes in allen Ländern und auch in Deutsch-
land, wo es nur Boden fand. Aber schlimmer als das, man faßte
den Michel an seiner Weltfremdheit und an jenem Zug der Selbst-
vernichtung, der unsere tausendjährige Geschichte wie ein blutiger Faden
durchläuft. Man benutzte mit Geschick den auch in Deutschland stellen-
weise eingedrungenen internationalen Kapitalismus und jenes Ferment
der Dekomposition, welches in Organen wie der „Frankfurter Zei-
tung“ eine so geschickte Vertretung hat.