156 Hauptfragen des Krieges
baren mittlerweile eingetretenen Wahrheitsprobe heute erschütternd. Sie
enthielten etwa Folgendes:
1. „Wenn Deutschland sich nur demokratisiert, ist der Verstän-
digungsfriede da. Nur Monarchie und Militärmacht verhindern ihn.“
Nachdem die Northcliffepropaganda zur Unterwühlung unseres
Heeres sich mit Erfolg dieses ihr von der deutschen Demokratie ge-
lieferten Sprengstoffes bedient hatte, ruhten Prinz Max von Baden,
Erzberger und Scheidemann nicht, bis sie ihren „Frieden des Rechts,
nicht den der Macht“ unter Beseitigung von Monarchie, Militär-
macht, Ehre und Freiheit des deutschen Volkes erprobt hatten.
2. „Wenn wir nur offen erklären, daß wir Belgien herausgeben
wollen, so ist der Verständigungsfrieden da.“
So flogen seit 1917 unaufhörlich die Friedenstauben über unsere
Grenzen hinaus, den Verzicht auf Belgien in ihren Schnäbeln tragend.
Jedes dieser Angebote festigte bei den Feinden den Entschluß, ab-
zuwarten, bis ihr Kriegsziel, der Ruin Deutschlands, durch den offen-
bar wirkenden inneren Zerfall erreicht wäre.
3. „Die Junker, Schlotbarone und Annexionisten haben den Krieg
gemacht und verlängern ihn, um zu verdienen. Werfen wir sie nieder,
so reichen die befreiten Völker sich die Hände, und der ewige Friede
ist da.“
Schon die Römer konnten auf die innere Zwietracht der Deut-
schen ihre Politik aufbauen. Der Entente kam zu Hilfe auch noch der
Neid verhetzter Klassen, die immer bereit sind, die wirklichen Erhalter
ihrer eigenen wirtschaftlichen Exristenz zu vernichten, weil diese „mehr
verdienen“ als sie selbst.
So begrüßten viele Deutsche die „Morgenröte der Revolution“.
Unser starkes, stolzes, geachtetes Reich ist zerbrochen, nicht vom Feind,
sondern von innen her. Weil das Volk nicht reif war, seine politische
Aufgabe in dem von Bismarck errichteten Rahmen zu erfüllen, brach
das unbesiegte Heer zusammen. Der Mann auf der Straße fühlt in
London oder Paris von selbst, was dem Staate nützt. Bei uns sammelt
er sich Illusionen aus einer gewissen Presse und Parteirichtungen, die
ihn wie Hans im Glück immer darüber hinwegzutäuschen verstehen, daß
er von Stufe zu Stufe heruntersinkt. Mit einer bei englischen oder
französischen Zeitungen undenkbaren nationalen Instinktlosigkeit haben