Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

Parteisucht und Weltbürgertum 157 
Blätter wie die „Frankfurter Zeitung“ den Staat befehdet und 
seit Bismarcks Zeit stets diejenigen Entschlüsse befürwortet, welche 
Deutschlands Macht und Würde zu schwächen geeignet waren; sie 
ist dem Deutschtum in jedem kritischen Augenblick in den Rücken ge- 
fallen; und sie hat zuletzt folgerichtig die Revolution, d. h. den Ruin 
der deutschen Ehre und Zukunft, freudig begrüßt. Bei der Betörung 
des deutschen Volks aber bedient sich diese Zeitung geschickt des welt- 
bürgerlichen Dünkels vieler unserer Volksgenossen, welche die Seele 
anderer nationalstolzer Völker gar nicht verstehen. Sie schließen von 
sich selbst auf die Fremden. Treuherzig und naiv oder auch unklar 
und pflichtvergessen versäumen sie jede Möglichkeit zu politischem 
Geschäft und zur Kraftentfaltung. Sie sehen nicht, wie jede Schwäche 
sofort ein Vordringen der Feinde und vermehrte Angriffe nach sich 
zieht; sie sehen nicht, daß Deutschlands Freiheit und erträgliche Wirt- 
schaftsgestaltung bei unserer Weltlage nur durch verdoppelte Einig- 
keit, Lauterkeit und Opfergesinnung Aller erhalten werden kann. 
Meine im Herbst 1914 vorübergehend genährte Hoffnung, die 
national verständigen Elemente würden in der Sozialdemokratie die 
Oberhand gewinnen, zerrann bald in Nichts. Zu tief saß die jahrzehnte- 
lange internationalistische Propoganda des Marxismus, der beschränkte 
Klassenneid und der deutsche Hang zu Utopien. Eine Reihe tüchtiger 
Männer in der Sozialdemokratie bewies während des Krieges gesunden 
nationalen Instinkt. Hätte die Regierung sie gestärkt, statt einsichtslosen 
oder böswilligen Demagogen des internationalen Flügels nachzulaufen, 
so wäre in der Schule des Kriegs die Arbeiterschaft vielleicht zuverlässig 
zu deutscher Staatsgesinnung herangereift, dann würde es ihr in der 
Welt jetzt wohl ebenso gut ergehen wie der englischen Arbeiterschaft. 
Aber die Linke bewies dem preußisch-deutschen Staat, dem besten aller 
Staaten, schnöden Undank. Die Staatsweisheit und Überlieferung 
Friedrichs des Großen und Bismarcks galten als überlebt im Vergleich 
zu den Anschauungen von Agitatoren, deren bloße Namen zu nennen 
dem Gefühl der Deutschen widerstreben muß, obgleich diese doppel- 
sinnigen Persönlichkeiten unser Land nicht nur ruinieren, sondern zum 
Lohn zuletzt auch regieren durften. 
So kämpften weiteste Kreise unseres Volks mit Leidenschaft an 
gegen die Wahrheitsliebe derjenigen, welche von Anfang an sagten: 
Wir mögen tun was wir wollen und dem Feind anbieten was wir
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.