Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

Die letzte Phase 185 
opferten, und als Folge davon jeder, der nur etwas Urteil über un- 
sere Feinde und den Sinn des ganzen Krieges besaß, die erbarmungs- 
losesten, schmachvollsten Waffenstillstandsbedingungen erwartete, da 
entschloß sich Admiral Scheer jene jetzt allein übriggebliebene Mög- 
lichkeit einer Verwendung der Uboote für die Flotte auszunutzen. Es 
war ihm erst vor kurzem unter dem Druck der Verhältnisse und mit 
Zustimmung des Feldmarschalls Hindenburg endlich gelungen, den Kaiser 
und den Kabinettschef zu bestimmen, daß die Leitung der Gesamt- 
marine in seiner Hand vereinigt würde. Eine größere Zahl von Ubooten 
der Flotte vorausgeschickt und für eine bestimmte Gegend angesetzt, 
konnte immerhin einen gewissen Ausgleich unserer zahlenmäßigen 
Unterlegenheit bringen und vor allem nach der Schlacht den Rückzug 
unserer Flotte decken, wenn sie etwa geschlagen werden sollte. Es sollte, 
um dem allgemeinen Zurückfluten der Armee in Flandern durch eine 
offensive Handlung verstärkte Haltung zu geben, ein Vorstoß unserer 
schnellen Seestreitkräfte nach dem Ostausgange des Kanals unternom- 
men werden, zu deren Deckung die Schlachtflotte selbst, unterstützt 
durch Uboote und Minenfelder eine Aufnahmestellung an der hollän- 
dischen Küste einnehmen sollte. Die Möglichkeit einer Schlacht 
mußte dabei natürlich vorgesehen werden. Kam es wirklich dazu, 
so konnte bei dieser Anlage die Schlacht mit guten Aussichten 
angenommen werden, und war das Schlachtenglück uns günstig, so 
konnte diese besonders gut vorbereitete Unternehmung das Schicksal 
unseres Volkes noch einmal wenden. Wie aber das Gift der Revo- 
lution von den schwachen Lenkern des alten Staates vier Jahre hin- 
durch fast befördert, jedenfalls nicht bekämpft, von der Heimat über 
die Etappe bis in die Fronttruppen eingedrungen war, so hatte es 
auch in die Marine Eingang gefunden, ohne daß es äußerlich erkenn- 
bar gewesen wäre. Die Revolution brach über die Flotte herein, 
die Demokratie schlug Deutschland die letzte Rettungsmöglichkeit aus 
der Hand und rühmte sich ihrer Tat. 
Wie falsch mußte ein tapferes Volk geführt worden sein, damit sich 
seine Sinne so verwirren konnten! Dem Gehorsam, welche der alte 
Staat seinen Angehörigen zum Guten anerzogen hatte, auch für eine 
schlechte Sache treu, lieferten jetzt Deutsche die ausgezeichneten Schiffe 
an den Feind aus. Die Welt möge gerecht urteilen und bedenken, daß 
dieselben Männer, welche sich unter einer Revolutionsregierung dem
	        
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