190 Der Unterseeboots-Krieg
Admiral v. Pohl antwortete mir hierauf, er könnte meiner Ansicht,
daß es für den geplanten Schritt noch zu früh wäre, nicht beitreten.
Nach eingehenden Erörterungen mit dem Auswärtigen Amt und auf
Grund einer Denkschrift des dortigen Ministerialdirektors Kriege habe
man sich auch entschlossen, an der Form der Kriegsgebietserklärung
festzuhalten und nicht diejenige der Blockade zu wählen. Das Auswärtige
Amt wäre durchaus bereit, diese neue Form zu vertreten. Juristisch-
doktrinäre Erwägungen gaben also den Ausschlag.
Im weiteren Verlauf empfahl ich dem Chef des Admiralstabes
noch, sich wegen des Unterseebootskrieges vor Unterredung mit dem
Reichskanzler das Einverständnis des Generalstabschefs v. Falkenhayn
womöglich schriftlich zu sichern. Soweit mir bekannt, blieb auch dieser
Rat unbeachtet.
Am 27. Januar 1915 wurde ich vom Reichskanzler zu einer Unter-
redung über diese Frage aufgefordert. Ich legte dar, daß wir England
gegenüber nur vorwärts kämen, wenn wir ihm selbst den Krieg fühlbar
machten; die Uboots-Blockade würden wir in irgendeiner Form m. E.
nicht vermeiden können. Über die juristische und politische Seite der
Angelegenheit sei ich nicht hinreichend unterrichtet, um die Zweck-
mäßigkeit der Form ohne weiteres abschließend beurteilen zu können.
Der Reichskanzler lehnte in diesem Gespräch die Möglichkeit und Not-
wendigkeit eines Unterseeboots-Handelskrieges nicht grundsätzlich ab.
Politische Verhältnisse erlaubten jedoch nach seiner Ansicht nicht, vor
Frühjahr oder Sommer 1915 eine Entscheidung zu fällen. Ich war
mit einem solchen Aufschub der noch nicht genügend durchgearbeiteten
Ubootsfrage unbedingt einverstanden. Unter anderem hielt ich es für
richtig, die Fertigstellung der Unterseeflotte für Flandern und der dortigen
Werfteinrichtungen abzuwarten.
Im übrigen sagte ich bei dieser Gelegenheit Herrn von Bethmann
auf eine dahingehende Frage, daß bei der Neuheit des Kampfmittels
vom militärischen Standpunkt aus eine unbedingte Zusicherung seiner
Wirksamkeit natürlich nicht gegeben werden könnte. Ich war jedoch
überzeugt, daß unsere Maßnahme einen gewaltigen Eindruck machen
und daß sehr viele Handelsschiffe durch die ihnen drohende Gefahr
abgeschreckt werden würden.
Nach diesen Vorgängen wird man begreifen, wie außerordentlich
verblüfft ich war, als bereits wenige Tage nach diesem Gespräch,