Die Kriegsgebietserklärung 191.
nämlich am 4. Februar 1915 in Wilhelmshaven Admiral v. Pohl im
Einverständnis mit dem Reichskanzler dem Kaiser die Kriegsgebiets-
und Ubootserklärung vorlegte. In dieser Erklärung wurden die Gewässer
rings um Großbritannien und Irland einschließlich des Kanals als
Kriegsgebiet erklärt und gesagt, daß jedes in diesem Gebiet angetrof-
fene feindliche Kauffahrteischiff zerstört würde, ohne daß es immer
möglich sein würde, die dabei der Besatzung und den Passagieren
drohenden Gefahren abzuwenden. Auch neutrale Schiffe laufen im
Kriegsgebiet Gefahr, da es angesichts des von der britischen Regierung
angeordneten Mißbrauches neutraler Flaggen nicht immer vermieden
werden kann, daß die auf feindliche Schiffe berechneten Angriffe
auch neutrale Schiffe treffen. Für letztere wurde die Fahrt nördlich
der Shetlandsinseln und ein Streifen an der holländischen Küste frei-
gelassen. Man wird den Unterschied dieser Erklärung von meinem
eigenen Vorschlag ohne weiteres erkennen. Ich wünschte zunächst nur
eine Ubootsblockade der Themse. Eine Blockade ist effektiv, wenn
jedes Schiff, das die Zone passiert, in erheblicher Gefahr der Weg-
nahme oder Vernichtung steht. Wenn wir alles auf die Themse
zusammenzogen, um eine absolute Sperrung des Verkehrs, auch für
neutrale Schiffe, herbeizuführen, so blieb doch die übrige Küste frei,
und so konnten bei dieser Art der Ausführung wirksame Beschwerden
der Neutralen zunächst nicht vorkommen. Im Admiralstab war man
mit der Ausarbeitung meines Gedankens der Themsesperre beschäftigt,
als Pohl unter dem 31. Jannuar auf einmal unter Berufung auf den
Reichskanzler die Sache umwarf. Durch die Ausdehnung des Sperr-
gedankens auf die ganze Küste wurde er weniger wirksam, rechtlich
unklar und mehr herausfordernd. Es mangelte dieser Erklärung die
Effektivität, die Substanz, und dadurch regte sie den Widerspruch
an. Sie minderte den Kredit unserer eigenen Erklärungen und damit
in gewissem Sinne auch das Prestige der deutschen Marine herab. Sie
sah etwas nach Bluff aus und durch die in der Erklärung liegende
Unklarheit, nämlich das sichtbare Bestreben, die Neutralen zu schonen,
aber zugleich die Drohung, es nicht zu tun, erregten wir Zweifel an un-
serem Recht auf diese Kriegsführung. Jedenfalls war diese Kriegs-
gebietserklärung, wenn ich von der juristischen Seite absehe, politisch
und militärisch unzweckmäßig. Welche Gründe vorgelegen haben, unter
Übergehung meines Votums den Ubootskrieg in Szene zu setzen, ist mir