Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

192 Der Unterseeboots-Krieg 
nicht bekannt geworden. Jedenfalls war ich wieder einmal, diesmal 
wohl in einer der wichtigsten Fragen meines Ressorts, ungehört geblie- 
ben, der Ubootskrieg über meinen Kopf hinweg und gegen meinen 
Willen eröffnet, in einer Form, die nicht Glück verhieß. 
Der Kaiser stimmte zu. Ich stand zufällig dabei, konnte aber aus 
der ganzen Situation heraus nur noch die Änderung erreichen, daß 
man in der Erklärung auf den englischen Flaggenmißbrauch Bezug 
nehmen möchte. 
Der Stein war ins Rollen gebracht. Am 18. Februar 1915 sollte 
der Unterseebootskrieg beginnen, der nach Bethmanns gegen meinen 
Rat gefaßten Entschluß jedem auf England oder Irland fahrenden Schiff 
den Untergang androhte. 
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Nachdem vor der ganzen Welt feierlich und mit einer gewissen 
Fanfare die meines Erachtens verfrühte und unglückliche Erklärung 
einmal abgegeben war, galt es festzubleiben, sollte die Würde und 
damit die Macht des Reichs nicht einen schweren Stoß und die Zuver- 
sicht der Feinde eine verhängnisvolle Stärkung erfahren. 
Am 12. Februar erging die erste Note Amerikas gegen den Unter- 
seebootskrieg, die den verantwortlichen Stellen doch kaum unerwartet 
kommen konnte. Trotzdem schlug von diesem Tage an zum Erstaunen 
Pohls die Stimmung des Auswärtigen Amts in der Ubootsfrage um. 
Noch ehe der am 4. Februar geborene Ubootskrieg den ersten Atemzug 
getan hatte, eilten seine eigenen Väter erschreckt, ihn zu ersticken. 
Für die Beantwortung der Note wartete der Reichskanzler die Zu- 
stimmung weder des Admiralstabschefs noch die meinige ab, verhinderte 
vielmehr mit Hilfe des Marinekabinetts unsere von Falkenhayn ge- 
forderte Hinzuziehung und schickte den beabsichtigten Entwurf unmittel- 
bar dem Kaiser zu, der sich damals in Lötzen befand. Gegen dieses 
Geschäftsverfahren legte der neuernannte Chef des Admiralstabes, 
Admiral Bachmann, am 14. Februar beim Kaiser Verwahrung ein, 
ebenso gegen den Inhalt des Entwurfes selbst, der das Hin- und Her- 
fallen unserer Politik den Feinden in gefährlicher Weise enthüllen mußte. 
Am Abend des 15. Februar erhielt der Chef des Admiralstabes 
unvermutet vom Kaiser den Befehl, den uneingeschränkten Ubootskrieg 
nicht wie angekündigt, am 18. Februar, sondern erst auf besonderen 
Ausführungsbefehl zu beginnen. Zugleich wurden am 15. Februar
	        
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