Kriegsbriefe 1914 213
macherei die Engländer immer stärken und auf die englischen Bluffs herein-
fallen. Bei den Österreichern steht es recht kritisch. Hier im Westen wird
auf der ganzen Linie geschlagen. Da es geglückt ist, den französischen An-
griffsbefehl für heute gestern abend in die Hand zu bekommen und dement-
sprechend Gegenmaßregeln zu treffen, so hoffe ich, werden wir siegen. Wir
müssen aber mehr als siegen, denn Italien ist gegen Österreich kaum zu halten.
Es ist jetzt sicher, daß England große Truppenmassen von Asien heranholt.
Aber es ginge alles gut, wenn wir einen eisernen Kanzler und einen „alten
Kaiser“ hätten.
Luremburg, 11. IX.
Der Krieg wird nicht so kurze Zeit dauern, wie manche denken. England,
welches die Ursache von allem Bösen ist, merkt auch, daß es für seine Welt-
stellung kämpft. Im Monat August haben sie 49% ihres Handels und Ge-
schäfts eingebüßt, das wirkt einigermaßen. Die Frauen in England sollen
besonders wild sein auf uns und reiten mit Herrensitz durch die Straßen,
um für die Armee zu werben. Ich bin heute mit Hopman per Auto nach einem
Walde gefahren und habe dort einen schönen Spaziergang gemacht, schöne
Natur, tiefe Täler. Die forstmännisch schlecht behandelten Wälder wirken
wohl gerade darum recht malerisch. Im ganzen erscheint mir Luxemburg
als ein höchst vertroddeltes Land. Die stete Anspannung aller Kräfte und
der Militärdienst in Deutschland haben doch glänzende Früchte gezeitigt. Da-
bei muß man an das Gezänke über Militarismus, Zabern-Affäre usw. denken.
Wie töricht war das doch alles. Ein großes Verdienst wird man dem Kaiser
lassen müssen. Er hat die Wehrmacht nicht einschlafen lassen, trotz dem
Reichskanzler.
Luxemburg, 13. IX.
Die Schlacht ist auf unserem rechten Flügel nich glücklich gewesen, während
die Garde auf dem linken Flügel von Bülow siegreich vorwärts kam. Der
französische Generalissimus soll ein ganzer Kerl sein. Es wäre besser ge-
wesen, nach hiesiger Ansicht, wir hätten die Truppen erst etwas verschnaufen
lassen, ehe wir weitergingen. Inzwischen soll trotz dem Zurückziehen unserer
Truppen heute schon ein erneuter Angriff, namentlich seitens der Engländer,
erfolgt sein, und man ist in Sorge, ob die Nachschübe noch zur Zeit ankommen
können. Wir waren zu siegesgewiß und sahen die geplanten Rückzüge der
Franzosen und Engländer stets als Niederlagen an. Jetzt ist die Stimmung
sehr gedämpft bez. der hiesigen Lage, besonders weil die Österreicher bei
Lemberg nicht standhalten und nach Hilfe schreien. Das auszugleichen,
reicht der neue Sieg in Ostpreußen von Hindenburg doch nicht aus. Auf die
polnische Hilfe gebe ich nicht viel. Obwohl die Garde siegreich auf ihrem
Flügel war, mußten sie doch am letzten Schlachttage die Verwundeten liegen
lassen.
Das Reichsmarineamt hat glänzend gearbeitet, aber diese Art der Leistung
wird nicht beachtet und geschätzt. Der Kaiser sucht seine eigene Aufregung zu