Siebentes Kapitel
Bei Bismarck
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Im Juni 1897 hatte ich dem Kaiser vorgeschlagen, dem nächsten
Schiff, das von Stapel laufen sollte, den Namen „Fürst Bismarck“
zu geben. Ich wußte, daß der Fürst oder seine Familie den allerdings
irrigen Verdacht hegte, es wäre im Augenblick seiner Verabschiedung
ein Schiff mit seinem Namen absichtlich aus der Liste gestrichen worden.
Ich hoffte mit diesem Schritt die Entfremdung zwischen Bismarck und
der Regierung zu mildern, und wünschte, im Herbst die Einladung per-
sönlich nach Friedrichsruh zu überbringen und bei dieser Gelegenheit mir
bei dem alten Fürsten den Kugelsegen für das Flottengesetz zu holen.
Der Kaiser stimmte nach einigem Zögern zu, schickte aber dann von
sich aus ein Kabinettsschreiben an Bismarck, worin er ihn zum Stapel-
lauf eines Schiffes einladen ließ, ohne jedoch den Taufnamen zu
nennen. Er setzte bei diesem Gnadenakt die Freude, die ihm selbst der-
artige Festlichkeiten bereiteten, wie stets auch bei anderen voraus und
wollte den Fürsten wohl überraschen. Bismarck antwortete ungefähr,
er wäre ein zu alter Mann für eine solche Sache. Ich bekam nun
den Befehl, die ziemlich verfahrene Geschichte wieder einzurenken.
Ich erbat beim Fürsten brieflich Audienz, um ihm über das beab-
sichtigte Vorgehen der Marine Vortrag zu halten. Der Brief kam un-
eröffnet mit der Bemerkung zurück, der Fürst nähme keine Briefe an,
auf deren Umschlag nicht der Absender vermerkt wäre. Auf einen zweiten
Brief wurde mir gesagt, ich möchte kommen.
In Friedrichsruh pflegte man um die Mittagszeit einzutreffen. Graf
Rantzau, der mir persönlich bekannt war, kam mir entgegen; ich bat um
seine Unterstützung. Als ich eintrat, saß die Familie bei Tisch, der Fürst
am kurzen Ende der Tafel. Er stand auf, kühl, aber höflich, sehr
Grandseigneur, und blieb stehen, bis ich Platz genommen hatte. Er
war von heftigen neuralgischen Schmerzen geplagt, hielt Gummikissen
mit heißem Wasser an die Backe, aß geschabtes Fleisch und konnte