Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

Achtes Kapitel 
Erste Flottengesetze und Flottenbau 
1 
Von jetzt ab trat die Bismarcksche Presse für mich ein. Ich habe 
weiterhin alle Bundesfürsten bis zu den Großherzögen einschließlich 
persönlich um ihre Unterstützung gebeten und, indem ich ihnen Vortrag 
hielt, das Gefühl der Mitentscheidung zu vermitteln gesucht. Dies ge- 
lang besonders dort, wo ein Fürst wie König Albert von Sachsen, der 
zugleich ein geschäftskundiger Mann war, in die Materie ernsthaft ein- 
drang oder wie der Großherzog von Oldenburg sich durch eigene Lei- 
stung ein großes Verdienst um unsere Seeinteressen erworben hat, 
oder wo ein mit Herrschereigenschaften alter Art ausgestatteter Herr 
wie Großherzog Friedrich von Baden sich aus dem Persönlichkeits- 
durchschnitt heraushob, der sich meinem Eindruck nach im letzten 
Menschenalter allgemein in Deutschland, bei den Fürstenhäusern wie 
bei den Spitzen der einzelnen Berufszweige gesenkt hat. Natürlich 
habe ich auch die Hansestädte aufgesucht; ferner die bundesstaatlichen 
Minister, deren Kennenlernen sich als gutes Werbemittel erwies, zu- 
mal diese Sitte des Herumreisens damals noch nicht in Übung war. 
Dann habe ich es für mein Recht und meine Pflicht gehalten, den 
breiten Schichten begreiflich zu machen, welche Interessen hier auf dem 
Spiele standen; es galt, den verkümmerten Welthorizont des Volkes 
zu weiten; den durch unsere geschichtliche Entwicklung abhanden ge- 
kommenen oder doch zur Seite gedrängten Sinn für die Kulturwerte, 
die mit der See zusammenhingen, zu wecken; die Überzeugung zu ver- 
tiefen, daß wir gebieterisch auf diesen Weg gewiesen waren, wenn wir 
das zusammengedrängte Deutschtum ohne riesige Auswanderung in der 
Heimat so blühend erhalten wollten, wie es seit Bismarcks Schutzzoll- 
Gesetzgebung glücklich gedieh. Heeringen organisierte die Nachrichten- 
abteilung des Reichsmarineamts; er reiste an den Universitäten umher, 
wo sich fast alle Nationalökonomen bis zu Brentano hin in großartiger
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.