Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

Aller Anfang ist schwer 73 
bewußt war, daß es eine ganz andere politische Tragweite haben mußte 
als das erste, namentlich im Rahmen einer Bündnispolitik, weil es 
für die übrigen Flotten der Welt die Möglichkeit bot, durch Koalitionen 
mit uns ein gewisses Gleichgewicht auf dem Meere herzustellen. 
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Wenn man ein großes Ziel erreichen will, ist man nicht immer in der 
Lage, seine letzten Gedanken zu enthüllen. Auch beruht politische Arbeit 
auf Divination unsicherer Faktoren; wie der Seemann bei bedecktem 
Himmel „mit gegißtem Besteck“ d. h. nach Schätzung fahren muß, 
oder wie der Ort, auf den man zusteuert, von Ferne seine Lokalfarben 
nicht verrät. Oft verschiebt sich die Aussicht während der Fahrt, und 
es ist für Außenstehende leicht, Widersprüche zu finden oder Schwierig- 
keiten zu bestreiten. Sie sagen etwa: wenn du nur im Reichstag ordent- 
lich redest, dann wird es sich schon machen. Wer in einer Spezialität 
arbeitet, haftet sich leicht an ihr fest; den Wirbel aller ihn umringen- 
den Verhältnisse fühlt nur der verantwortliche Leiter selbst. 
Der Staatssekretär sollte ein großes Programm, auf dessen Er- 
füllung er sich der Nation verpflichtet hatte, durchführen vermittelst 
einer einheitlichen Machtbefugnis, die man bei ihm allerseits voraus- 
setzte, aber ihm von keiner Seite aus wirklich einräumte. Es galt 
durch Einsetzen der ganzen Person das Vertrauen der Gesamtheit zu 
rechtfertigen und die ungeahnt vielen und kräftigen Widerstände nieder- 
zukämpfen. 
Wir standen zunächst vor einem Labyrinth technisch-organisatorischer 
Fragen und Meinungsverschiedenheiten. Ich fand, daß unsre Schiffs- 
formen besonders ungünstig waren. Es dauerte aber Jahre, bis ich diesem 
Übelstand abhelfen konnte durch Schaffung von Schleppanstalten, die uns 
fehlten, weil die Techniker zu wenig davon gehalten hatten, durch Schlep- 
pen von Modellen die beste Form für Schiffsgeschwindigkeit festzustellen. 
In der Länge und Größe der Schiffe wurden wir durch die Wilhelms- 
havener Schleusen beschränkt. Diese zwei Umstände trugen dazu bei, 
daß namentlich unsre in der ersten Zeit des Flottengesetzes gebauten 
Schiffe nicht die Schnelligkeit erlangt haben, die ihre Maschinenkraft 
gerechtfertigt hätte. Die Verlegenheit war chronisch, bis (1900) die 
dritte Wilhelmshavener Einfahrt gebaut war. Einen großen Nachteil 
gegenüber allen flottenbauenden Nationen verursachten uns ferner die
	        
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