Alle die meisterlosen Degen strömten ihm zu, denen die anschwel—
lende Macht der Fürsten und Städte den Raum beengte, die
tieferen Gemüter von religiöser Inbrunst wie die Männer von
wagendem Ehrgeiz, welche hier allein noch hoffen durften, aus
dem niederen Adel zum Fürstenthron sich emporzuheben. Aber
ebendeshalb ward des Ordens Zukunft bestimmt von der augen—
blicklichen Lage des Adels im Reiche, die er nicht beherrschen
konnte. Nur der Heiligkeit kirchlicher Zucht dankte der Orden
die Spannkraft, in staatloser Zeit die Majestät des Staates zu
wahren. Doch je klarer der also gefestete Staat seiner weltlichen
Zwecke sich bewußt ward, um so drückender erschienen die kirch—
lichen Formen, die sein mütterlicher Boden waren. An sich bietet
die Herrschaft des Ritterbundes nichts Unnatürliches in Zeiten,
welche gewohnt waren, alle großen politischen Ziele durch die ge—
sammelte Kraft von Genossenschaften zu erreichen. Aber rühmten
wir ihm nach, daß er in seinem Lande nichts der organischen
Entwicklung überließ, alles durch scharf eingreifenden Willen ord—
nete, so blieb er selber doch starr und unverändert, derweil in
seinem Volke alles sich wandelte, mußte jedem Versuche innerer
Reform sein theokratisches non possumus entgegenstellen. Eine
furchtbare Kluft tat sich auf zwischen der Landesherrschaft und
ihrem Volke, seit in den Enkeln der ersten Ansiedler allmählich
ein preußisches Vaterlandsgefühl erwuchs, und das Volk murrend
erkannte, daß eine schroff abgeschlossene Kaste von Fremden, Hei-
matlosen Preußens Geschicke lenkte. Einwanderer und Einwohner
standen sich hier bald ebenso feindselig gegenüber wie im spanischen
Amerika die Chapetons und Kreolen, ja, noch feindseliger; denn
der ehelose deutsche Herr ward durch kein häusliches Band an
das unterworfene Land gekettet. Wohl bot der Orden jeder reichen
Kraft freie Bahn, doch nur wenn sie seine Gelübde auf sich
nahm. Die unabhängigen Köpfe des Landadels sahen sich aus-
geschlossen von jeder selbständigen staatlichen Tätigkeit; derselbe
Orden, der willig die Bürger von Lübeck und Bremen unter seine
Brüder aufnahm, erschwerte mit theokratischem Mißtrauen dem
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