Full text: Auswahl für das Feld.

gen Norden zog und alles verlockte durch das Versprechen der 
polnischen Libertät, „recht sam der Antichrist thun wird, der ihm 
auch untertenigen wird die Leute in sulchir weise, die her nicht 
kan betwingen“. Die Bischöfe, froh, der strengen Aufsicht sich zu 
entledigen, gingen mit bösem Beispiel voran, und die kopflose Feig— 
heit der Befehlshaber der Ordensburgen trieb auch manchen treuen 
Mann in das polnische Lager. Vernichtet schien der Orden, sein 
Heer lag erschlagen, seine Schätze führte der Verrat der Ent— 
flohenen ins Reich. Mit Trompeten und Pauken, im feierlichem 
Zug, holte der Rat von Danzig den polnischen Hauptmann ein, 
und dem Verteidiger der Marienburg sandte die Ritterschaft des 
Kulmerlandes wütende Fehdebriefe. „Das Gott nimmer an ihnen 
lasse ungerochen“, flucht der Chronist; denn ein Abfall war es, 
unheimlich, ungeheuerlich selbst für jene Zeiten, welche die jähe 
Wandlung der Gemüter oftmals gesehen. Wohl durfte das Volk 
sich flüsternd erzählen, daß die Hochgebenedeite selber, den Polen 
blendend, in den Reihen der deutschen Herren gestanden, als das 
Unbegreifliche geschah und gegen solche Ubermacht, gegen das eigene 
Festungsgeschütz der Meisterburg, in diesem Pfuhle der Gemein- 
heit die Marienburg sich hielt. Die Ruhr wütete im Lager des 
Königs; „je länger er lag, je minder er schuf“. Nach vergeblich 
wiederholtem Sturmangriff brach der alte meisterlose Sarmaten- 
geist wieder aus, die beschränkte Gewalt des Königtums vermochte 
nicht den unsteten polnischen Adel bei den Fahnen zu halten. 
Die Litauer verweigerten die Kriegsfolge — so erzählen wenig- 
stens die Polen, um die Schuld des Mißlingens von sich selber 
abzuwälzen — und Wladislaw zog ab nach zweimonatlicher Be- 
lagerung. Dieser ungeahnte Erfolg erfüllte die Getreuen im Lande 
mit neuer Hoffnung; Burg auf Burg ergab sich dem neuen Hoch- 
meister. Als gegen Ende des Jahres König Sigmund von Ungarn 
mit einem Einfall in Polen drohte, schloß Wladislaw in verzagter 
Ubereilung den Thorner Frieden (Anfang 1411), der alles wieder 
auf den Stand vor dem Kriege zurückführte. Nur Samaitenland 
ward für die Lebenszeit des Großfürsten an Litauen zurückgegeben. 
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