Bundesgenosse der Preußen gegen die Polen, war den Deutschen
Livlands der „Erffiend“, ein Zusammenwirken des preußischen
Ordens mit den Brüdern an der Düna blieb für jetzt unmöglich.
Dazu die Zwietracht und Schwäche des Heiligen Reichs, die be-
schränkte Binnenlandspolitik der Habsburger, endlich der Handelsneid
unserer wendischen Städte, die den Lioländern den Verkehr durch
den Sund untersagten, gegen Riga und Reval dieselben Künste
monopolsüchtiger Handelspolitik anwendeten, welche später England
mit dem gleichen Erfolge gegen Nordamerika gebrauchte. Eine Zeit-
lang blühten die Städte am Dünabusen noch fort als die lachen-
den Erben der Handelsgröße von Nowgorod. In seinen letzten
Jahren schaute der livländische Orden noch seinen ersten Helden,
jenen gefeierten Walter von Plettenberg, der am See Smolin bei
Pleskow (1502) — nach harter Arbeit zusammengesunken und auf
den Knien weiterfechtend, wie die Sage geht — die Moskowiter
aufs Haupt schlug und also seinem Lande einen fünfzigjährigen
Frieden sicherte.
Doch der altgläubige Meister fand den Entschluß nicht, zur rechten
Zeit den Spuren Albrechts von Brandenburg zu folgen. Unter-
dessen hatten Knöpken und Tegetmeyer den Landen den evan-
gelischen Glauben und einige Kenntnis der oberdeutschen Sprache
gebracht. Dann, nach dieses Meisters Tode, mit den verheerenden
Einfällen des schrecklichen Jwan begann die große Russennot, ein
entsetzlich blutiges Ringen. Hier wie in Preußen schwächten sich
die Deutschen durch Verrat und Zwietracht also, daß ein Tataren-
fürst rufen konnte, der Deutsche habe sich selber die Rute gebunden.
Umsonst klagten die Meister dem Kaiser, „der erschrecklich große und
mächtige Moskowiter drohe der Ostsee mächtig zu werden“. Da
endlich rettete der Landmeister Gotthard Ketteler Kurland vor dem
sichern Verderben, nahm dies Gottesländchen als weltliches Herzog-
tum von der Krone Polen-Litauen zu Lehen (1561). Eine leid-
liche Zeit kam jetzt über dies glücklichste der baltischen Länder; auch
die Undeutschen wurden durch Reymers lettische Passion, durch
Ubersetzungen des Psalters und des Katechismus mit der luthe-
9 H. v. Treitschke, Feldausgabe. 120