lismus trat in seiner ganzen Starrheit hervor, als er jetzt das
Gebiet des „Naturrechts“ verließ und das wirischaftliche Leben
der Völker betrachtete. In sozialistischen Ideen ist jederzeit der
verwegenste Idealismus mit dem begehrlichsten Materialismus
zusammengetroffen. Durch die Mißachtung des banausischen Ge-
triebes der Volkswirtschaft wurde Platon auf das Idealbild seiner
kommunistischen Republik und die Alten alle zu dem Glaubens-
satze geführt, daß der gute Staat des Notwendigen die Fülle be-
sitzen müsse; durch die Uberschätzung der materiellen Güter gelang-
ten die modernen Kommunisten zu ihren luftigen Lehren. Und
wieder die Verachtung alles weltlichen Genusses verleitete den
deutschen Philosophen zu dem vermessenen Gedanken: der Staat,
als eine lediglich für die niederen Bedürfnisse des Menschen be-
stimmte Zwangsanstalt, müsse sorgen für die gleichmäßige Ver-
teilung des Eigentums. Solchem Sinne entsprang die despotische
Lehre von dem „geschlossenen Handelsstaate“, der in spartanischer
Strenge sich absperren sollte von den Schätzen des Auslandes
und das Schaffen der Bürger also regeln sollte, daß ein jeder
leben könne von seiner Arbeit.
Auf dem Gebiete des Rechtes und der Wirtschaft gelang es
dem Idealisten wenig, die Welt für sich zurechtzulegen. Indessen
sank der Staat der Deutschen tief und tiefer. „Deutsche Fürsten,“
ruft Fichte zornig, „würden vor dem Dei von Algier gekrochen
sein und den Staub seiner Füße geküßt haben, wenn sie nur da-
durch zum Königstitel hätten kommen können.“ In diesen Tagen
der Schmach brach ihm endlich die Erkenntnis an von dem Tief-
sinn und der Größe des Staatslebens. Er sah vor Augen, wie
mit dem Staate auch die Sittlichkeit der Deutschen verkümmerte,
er begriff jetzt, daß dem Staate eine hohe sittliche Pflicht auferlegt
sei, die Volkserziehung. Auf diesem idealsten Gebiete der Staats-
wissenschaft hat Fichte seine tiefsten politischen Gedanken gedacht.
Wir fragen erstaunt: wie nur war es möglich? Ist doch dem
Politiker die Erfahrung nicht eine Schranke, sondern der Inhalt
seines Denkens. Hier gilt es nach Aristoteles' Vorbild, mit zur
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