teuer erkauften Schlachtfelde lagerten, empfanden tief erschüttert
den heiligen Ernst des Tages; unwillkürlich stimmten die Russen
eines ihrer frommen Lieder an, und bald klangen überall, in allen
Zungen der Völker Europas, die Dankgesänge zum Himmel auf.
Die Sieger beugten sich unter Gottes gewaltige Hand; recht aus
dem Herzen der fromm bewegten Zeit heraus sang der deutsche
Dichter:
O Tag des Sieges, Tag des Herrn,
Wie feurig schien dein Morgenstern!
Nur der Feldherr, der von Amts wegen als der Besieger Na-
poleons gefeiert wurde, vermochte die Größe des Erfolges nicht
zu fassen. Schwarzenberg weigerte sich, die noch ganz unberühr-
ten russischen und preußischen Garden zur Verfolgung auszusen-
den — nicht aus Arglist, wie manche der grollenden Preußen
annahmen, sondern weil sein Kleinmut die Geschlagenen nicht zur
Verzweiflung treiben wollte. Blücher hatte den Tag über, wegen
des verspäteten Eintreffens der Nordarmee, sein kleines Heer zu-
sammenhalten müssen, um einen Ausfall in der Richtung auf
Torgau, den man noch immer befürchtete, zurückweisen zu können;
darum ward Vorck erst am Abend auf dem weiten Umwege über
Merseburg dem fliehenden Feinde nachgesendet. Also konnte Na-
poleon noch 90000 Mann, fast durchweg Franzosen, aus der
Schlacht retten. Die Deckung des Rückzugs, die Verteidigung der
Stadt überließ er seinen Vasallen, den Rheinbündnern, Polen
und Italienern; mochten sie noch einmal für ihn bluten, dem Kaiser-
reich waren sie doch verloren.
So mußte denn am 19. der Kampf um den Besitz der Stadt
selber von neuem begonnen werden. Während Blücher im Nor-
den seine Russen gegen das Gerbertor führt und dort zuerst von
den Kosaken mit dem Ehrennamen Marschall Vorwärts begrüßt
wird, bricht Bülows Korps aus den Kohlgärten gegen die Ost-
seite der Stadt auf. Borstells Brigade dringt in den Park der
Milchinsel, Friccius mit der ostpreußischen Landwehr erstürmt das
186