Grimmaische Tor. Noch stehen die Regimenter des Rheinbundes
dicht gedrängt auf dem alten Markte, da tönen schon die Flügel—
hörner der pommerschen Füsiliere die Grimmaische Gasse herunter,
dazwischen hinein der donnernde Ruf: Hoch Friedrich Wilhelm!
Bald blitzen die Bajonette, lärmen die Trommeln und gellen die
Querpfeifen auch in den andern engen Gassen, die nahe bei dem
alten Rathause münden. Alles strömt zum Marktplatze; die Sie-
ger von der Katzbach, von Kulm und Dennewitz feiern hier in
Gegenwart der gefangenen Feinde jubelnd ihr Wiedersehen. Neue
stürmische Freudenrufe, als der Zar und der König selber ein-
reiten; selbst die Rheinbündner stimmen mit ein; alle fühlen, wie
aus Schmach und Greueln der junge Tag des neuen Deutschlands
leuchtend emporsteigt. Während den König von Preußen sein
tapferes Heer frohlockend umdrängt, steht nahebei # ein klägliches
Bild der alten Zeit, die nun zu Grabe geht — Friedrich August
von Sachsen entblößten Hauptes, mitten im Gewühle an der Tür
des Königshauses. Der hat während der Stunden des Sturmes
ängstlich im Keller gesessen, betrogen von den prahlerischen Ver-
heißungen des Protektors noch bis zum letzten Augenblicke auf die
siegreiche Rückkehr des Unüberwindlichen gehofft. Nun würdigen
ihn die Sieger keines Blickes, sein eigenes Volk beachtet ihn nicht,
vor seinen Augen wird seine rote Garde von Friedrich Wilhelms
Adjutanten Natzmer zur Verfolgung der Franzosen hinweggeführt.
Mit naiver Freude wie ein Held des Altertums schreibt Gneisenau
die Siegesbotschaft den entfernten Freunden in allen Ecken des
Vaterlandes: „Wir haben die Nationalrache in langen Zügen ge-
nossen. Wir sind arm geworden, aber reich an kriegerischem Ruhme
und stolz auf die wiedererrungene Unabhängigkeit.“
Dreißigtausend Gefangene fielen den Siegern in die Hände.
Die Umzingelung der Stadt von den Auen her war bereits nahe-
zu vollendet, als die Elsterbrücke an der Frankfurter Straße in
die Luft gesprengt und damit den wenigen, die sich vielleicht noch
retten konnten, der letzte Ausweg versperrt wurde. Ein ganzes
Heer, an hunderttausend Mann, lag tot oder verwundet. Was
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