und Bayern, die uns bisher doch nur als Feinde gekannt hatten
und erst durch das lose Band völkerrechtlicher Verträge mit uns
verbunden waren, sagten ganz ebenso zuversichtlich wie die Preu-
ßen: Der König und sein Moltke wird es schon machen. Welch
ein Hort und Halt war dies unbedingte Vertrauen für die Masse
der gemeinen Mannschaften, als sie nach dem Siegesjubel des
Sommers nun im Winter die ganze entsetzliche Prosa des Krieges
kennen lernten: Hunger, Frost, Ermattung und die notgedrungene
Unbarmherzigkeit gegen das feindliche Volk, als sie nach kurzer
Nachtrast in den schneeigen Ackerfurchen immer wieder durch den
Klang der Trommeln und der Querpfeifen zu neuen Gefechten
geweckt wurden, zu endlosen Märschen, deren Sinn und Zweck sie
nicht begriffen. Manche lernten selbst den Wert ihrer eigenen
Siege erst nachträglich, wie durch Hörensagen kennen, so die tap-
feren Sechsundfünfziger, die in blutigem Nachtgefechte die Mobil-
garden der Bretagne aus dem Hofe La Tuilerie hinausschlugen,
ohne zu ahnen, daß sie damit der dreitägigen Schlacht von Le
Mans die entscheidende Wendung gaben. „Guter Wille, Aus-
dauer und Mannszucht überwanden alle Schwierigkeiten“ — so
urteilt Moltke einfach. Dieser gute Wille aber war nur möglich
in einem frommen Kriegsvolk. In schlichter Demut, ohne viel
Reden und Beten, beugten sich die Männer vor dem Unerforsch-
lichen, der auf dem Schlachtfelde die Halme mäht, und wie oft
vernahm der Feldprediger, wenn er den letzten Trost spendete,
von den Lippen der Sterbenden rührende Geständnisse einer tiefen,
schamhaften Gottesfurcht. Auch den Daheimgebliebenen ward das
Herz freier, weiter, liebreicher, der Ernst der Zeit hob sich über
die Selbstsucht des Werktagstreibens empor. Der Streit der Par-
teien verrauchte, vereinzelte vaterlandslose Toren wurden rasch zum
Schweigen gebracht, und je länger das Ringen währte, um so
fester vereinigte sich die gesamte Nation in dem Entschlusse, daß
dieser Kampf uns das Deutsche Reich und die verlorene alte
Westmark wiederbringen müsse. Hundertunddreißigtausend deutsche
Männer fielen dem unersättlichen Kriege zum Opfer, endlos schienen
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